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Steg oder Straße, das ist die Frage

HINTERGRUND / FEINGOLD-GEDENKEN

11/09/20 Sie fahren immer noch durchs Neutor, obwohl es seit vielen Jahren Sigmundstor heißt? Und Sie wechseln immer noch bei der Lehener Post den Obus, obwohl die Station längst unter Esshaverstraße läuft? Dann werden Sie vermutlich auch bis an Ihr Lebensende über den Makartsteg gehen.

Von Reinhard Kriechbaum

Das der Name des Malers am Steg haften bleibt wie die üppige Ölfarbe auf seinen Leinwänden, dass also die Menschen beim Übersetzen der Salzach keinen einzigen Gedanken an Marko Feingold verschwenden werden, auch wenn der Steg nach ihm benannt wird – genau das ist die Sorge der Witwe des Holocaust-Überlebenden und Mahners. Man werde, so ihre und manch anderer Befürchtung, wohl wenig ausrichten mit der Umbenennung, auf die sich die Stadtregierung augenscheinlich superschnell geeinigt hat.

Wieso die Eile? Am 19. September, also in etwas mehr als einer Woche jährt sich der Todestag Marko Feingolds (er starb als ältester Holocaust-Überlebender im Akter von 106 Jahren) zum ersten Mal. Gestern Donnerstag (10.9.) hat sich der Kulturausschuss mit der Causa beschäftigt. Dass Feingold geehrt gehört, steht für alle außer Zweifel. Zeitdruck und Emotion aus der Diskussion zu nehmen – dieser Vorschlag kam im Kulturausschuss aus ganz unterschiedlichen politischen Ecken, von Bürgerliste, KPÖ und FPÖ. Das Stadtarchiv macht eben deshalb im aktuellen Amtsbericht den Vorschlag, mit Neu- bzw. Umbenennungen drei bis fünf Jahre nach dem Ableben der Persönlichkeit zu warten. Es sollte freilich nicht eine Ende-nie-Diskussion entbrennen wie um die längst fällige Umbenennung der Joseph-Thorak-Straße in Aigen: Der war einer der Lieblingsbildhauer von Hitler.

Hanna Feingold (jetzt Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg) wäre es ursprünglich lieber gewesen, die Stelzhamer Straße (in der Nähe der Synagoge) nach ihrem verstorbenen Mann zu benennen, und auch mit der zuletzt in die engere Wahl gezogene Churfürststraße könnte sie sich anfreunden.

Warum heißt die eigentlich so? Salzburg war von 1803 bis 1805 ein mit Berchtesgaden, Passau und Eichstätt vereinigtes Kurfürstentum unter Erzherzog Ferdinand. Um daran zu erinnern, wurde der „Alte Salzmarkt“ 1873 in Churfürststraße umbenannt. Die Mini-Episode der Landesgeschichte war so wichtig nicht. Und seit man nicht mehr wegen jeder Reisepass-Verlängerung in die Churfürststraße muss (dort, wo jetzt die juridische Fakultät ist, war einst die Polizeidirektion), entschwindet der Straßenname auch allmählich aus dem bewusstsein der Salzburger. Da wäre freie Bahn für eine Marko-Feingold-Straße.

Und wenn schon Steg: Mozart kommt ganz gewiss nicht zu kurz in Salzburg. Warum nicht den Mozart-Steg zugunsten Martklo Feingolds aufgeben? Aber an Mozart erinnern sich dann wieder alle auf ewig, so wie ans Neutor und an die Lehener Post.

Bilder: dpk-krie

 

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