Eines Kardinals winzige Privatkapelle

RESIDENZ / RESTAURIERUNG

19/02/21 Ein kleiner Altar, davor ein Betschemel, in einer Ecke ein Beichtstuhl – was man halt so brauchte für die private Andacht als Salzburger Fürsterzbischof um die Mitte des 19. Jahrhunderts. Der kleine Andachtsraum in der Salzburger Residenz wurde nun restauriert und ist künftig wieder zugänglich.

Von Reinhard Kriechbaum

Neue Hausherren brachten neue Geschmäcker mit. Friedrich Fürst von Schwarzenberg kam 1835 – erst 26 Jahre alt – auf den Salzburger Erzbischofsthron. Bald wurde er Kardinal (eine hierorts rare Würde). Anlässlich der Ernennung reiste er nach Rom, und er nutzte die Gelegenheit zu einer Kunstreise weiter nach Süditalien und Sizilien. Die normannische Gotik hatte es ihm und seinem Begleiter, dem Maler Georg Pezolt, angetan. Und so gab der junge Kardinal bei Pezolt eine Privatkapelle für die Salzburger Residenz in Auftrag. Es fand sich ein ungenutzter kleiner Raum. 1844 war sie fertig. „Der österreichische Historismus steckte damals noch in den Kinderschuhen – dieser kleine Andachtsraum ist kunstgeschichtliche Avantgarde“ heißt es in einem Heftchen, das vom Bundesdenkmalamt heraugegeben wurde. Beim Rundgang durchs DomQuartier kann man das wiedererstandene neugotische Kleinod ab sofort besichtigen.

Kardinal Schwarzenberg wurde dann Erzbischof in Prag. Nach seinem Weggang interessierte die Privatkapelle niemanden mehr, sie wurde wieder zur Rumpelkammer. Schwarzenberg war ja der letzte (und nach der Säkularisation einzige) Kirchenfürst, der in der Residenz wohnen durfte.

Aber das Inventar war noch aufzustöbern. Die Wände wurden übermalt, aber „zu sechzig Prozent ist die neugotische Schablonenmalerei erhalten“, so die Salzburger Landeskonservatorin Eva Hody. Vieles, aber nicht alles konnte rekonstruiert werden: „Auch eine mit Schablonenmalerei ausgestaltete Wand trägt eine Handschrift“, erklärt Hody. Deshalb sind die Fehlstellen kenntlich geblieben, ebenso wie jene am Fenster, das es den Kunsthistorikern besonders angetan hat. Die Scheiben sind zwar nur zu einem guten Drittel erhalten, aber diese Fragmente sind die frühesten Zeugnisse einer neugotischen Glas-Malkunst, die in der zweiten Jahrhunderthälfte aufblühte. Das Fenster hat auch wichtigen Anteil für die Lichtstimmung im Raum.

Wer auf den Plafond schaut, dem wird nichts Besonderes auffallen. Was Georg Pezolt da machte, ist ein frühes Beispiel für mustergültigen Denkmalschutz. Er beließ die Reste der Deckengestaltung aus der Eeit Wolf Dietrichs und zog quasi eine Zwischendecke ein, ein Holzgestell mit Leinwand. Darauf kam das Dekor, wie es eben zum neugotischen Gusto passte.

„Einer der ersten historistischen Räume in Österreich“, sagt der Diözesankonservator Roland Kerschbaum. Und so viel Neugotik gibt’s ja nicht in der Stadt: der Turm der Franziskanerkirche, Details in der Katharinen-/Mariazeller-Kapelle im Friedhof von St.Peter, das Schloss Anif. Repräsentative Neugotik wie der „Pongauer Dom“ in St. Johann ist viel später entstanden als die intime Schwarzenbergkapelle in der Residenz.

220.000 Euro hat die Salzburger Burgen & Schlösser Betriebsführung in die Restaurierung investiert. Heute Freitag (19.2.) wurde auch der Schenkungsvertrag für ein Bild unterzeichnet. Radbot Habsburg hat es zur Verfügung gestellt, es hängt jetzt im Zimmer vor der Schwarzenbergkapelle.

Der Ortsbezug: Großherzog Ferdinand IV und seine Frau Prinzessin Alice von Bourbon-Parma lebten ab 1868 in der Salzburger Residenz. Das religiöse Bild zeigt die Namenspatrone der beiden. Es war ein Geschenk zur Silbernen Hochzeit (1899). Radbot Habsburg ist der Urenkel der ursprünglichen Besitzer.

Die nun neu erstandene Schwarzenbergkapelle erinnert auch an andere Kultur-Leistungen dieser „Zwischenepoche“. Kardinal Schwarzenberg hat sich ja nicht nur als Spitalsgründer (in Schwarzach) Meriten erworben. Er war kulturell interessiert und förderte auch die Gründung des Dommusikvereins/Mozarteum und des Kunstvereins (beides 1844). Und sein „Hauskünstler“ Georg Pezolt wurde in einer Epoche, in der das Interesse am kunstgeschichtlichen Erbe erwachte, der erste Denkmalschützer Salzburgs. Dabei mag er gelegentlich übers Ziel hinausgeschossen haben: Die Fürstenzimmer der Festung sind ja keine historischen Räume, sondern weitgehend seine historisierende Erfindung.

Bilder: dpk-krie (3); Sbg. Burgen & Schlösser / Maritsch (1)