Christkindl-Tracking

HINTERGRUND / LANDESINSTITUT FÜR VOLKSKUNDE

11/01/24 Seit wann Halloween in Salzburg verbreitet ist, was Hostien in der Salzach zu suchen haben, was die Faszination von Sound of Music ausmacht, woher das Aperschnalzen kommt und warum altes Handwerk boomt: Solchen Fragen geht das Salzburger Landesinstitut für Volkskunde seit 41 Jahren auf den Grund.

Von Heidemarie Klabacher

„Rituale helfen Gruppen, ihre Normen und Werte zu bestätigen. Bräuche machen Zeit erlebbar und messbar“, erklärt Michael Josef Greger, der Leiter des 1983 geründeten Salzburger Landesinstituts für Volkskunde. Für ihn ist das Institut eine Drehscheibe zwischen Forschung und interessierter Öffentlichkeit: „Uns ist die Vermittlung wichtig, in Radiosendungen, Diskussionen, Vorträgen, Seminaren, aber auch in unseren Publikationen“, erklärt der Volkskundler, der sich laut Eigendefinition als „europäischen Ethnologen“ sieht. Das Institutsarchiv berge „historische Schätze aus Nachlässen von Wissenschaftlern, die einzigartig sind“.

Untersucht und aufgezeichnet werden etwa Praxis und Herkunft der Salzburger Bräuche. Neben den zahlreichen Perchten-, Krampus- und Glöcklerläufen rund um Weihnachten und Neujahr werden auch unbekanntere Traditionen wie das „Himmelbrotschutzen“ in Oberndorf dokumentiert: Zu Fronleichnam wird ein Kranz mit vier gesegneten Hostien von einer Zille aus der Salzach übergeben. „Ein Schutzritual gegen die vielfältigen realen Gefahren, denen die Salzachschiffer als einer der zentralen Salzburger Wirtschaftsmotoren jahrhundertelang ausgesetzt waren“, erklärt Michael Josef Greger.

In einem vom Institut zusammengestellten Kalender der Religionen erfähre man etwa, dass der Halloween-Brauch erstmals während der US-amerikanischen Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg im Land auftauchte, aber nicht vor den 1990er-Jahren in Salzburg Verbreitung fand. Welche Trachten und Kleider getragen werden und wurden, untersuchen Michael Josef Greger und seine Forschungskollegin Vivienne Marquart. Ein Thema zuletzt war Aperschnalzen im bayerisch-Salzburger Grenzraum.

Natürlich wird publiziert. So ist dem „Mythos und Tourismus-Phänomen“ Sound of Music“ ein umfangreicher Sammelband des Instituts gewidmet. „Darin kann man nicht nur Wissenswertes aus der Lebensgeschichte der ‚echten‘ Familie Trapp nachlesen, sondern auch, welche Bedeutung erfolgreiche Medienprodukte auf den Wandel von Selbst- und Fremdbildern, den Tourismus und damit unser Alltagsleben in Salzburg haben.“ Mehrfach ausgezeichnet wurde die Reihe Bräuche im Salzburger Land. Zeitgeist, Lebenskonzepte, Rituale, Trends, Alternativen. Österreichische und deutsche Kulturforscher schreiben hier über Salzburger Bräuchen und Feste als regionale Eigenheiten im europäischen Vergleich.

Derzeit läuft am Landesinstitut für Volkskunde eine Studie zum Salzburger Handwerk: Fünfzig Interviews mit aktiven Handwerkerinnen und Handwerkern unterschiedlichsten Alters aus 28 Branchen wurden dafür geführt – „vom Maßschuhmacher bis zur Kunststoff-Technikerin“, berichtet Greger. Auch ein Surfboard-Shaper, eine Steinmetz-Meisterin und die letzte Salzburger Kürschnerin wurden befragt. Brauchtum, Tradition, Handwerk sind lebendig. Manches geht mit der Zeit unter, manes taucht wieder auf: „Als Wissenschaftler interessiert uns, wie sich gesellschaftliche Strömungen wie die political correctness auf Gewerbe auswirken – was sich etwa im Pelzhandwerk zeigt“, fasst der Volkskundler zusammen. Gleichzeitig gebe es eine Renaissance beim Holzhandwerk. „Ein Lungauer Wagnermeister muss aufgrund von Überbelegung sogar Lehrlinge ablehnen. Seine trendigen und handgefertigten Holzprodukte sind wieder in.“

Und der großartige Titel über diesem Artikel? „Christkindl-Tracking. Verhaltensbeobachtungen auf dem Salzburger Christkindlmarkt im Jahr 2000“ heißt der Text von Alexander G. Keul im ersten Teil der Datenbank Bräuche im Salzburger Land.

Das Salzburger Landesinstitut für Volkskunde – www.salzburg.gv.at 
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Bilder: Land Salzburg / Stefan Mayer; www.brauch.at; kulturlexikon.info