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Wohlgefühle beim Warten auf den Zug

ARCHITEKTUR / LOKALBAHNHOF LAMPRECHTSHAUSEN

19/04/13 Mit dem S-Bahn-Verkehr in Salzburg geht es deutlich aufwärts. Und das gilt nicht nur für die Fahrgastzahlen (Vorreiter war und ist die Lokalbahn mit jährlich 4,75 Millionen Fahrgästen), sondern auch für die Architektur Bahnhöfe.

Von Norbert Mayr

Bei der Lokalbahn hielt die Baukultur 1996 Einzug. Der damals eröffnete Lokalbahnhof liegt unter dem viel geschmähten Südtiroler Platz und stammt von Architekt Joachim Schürmann, der 1986 den internationalen Wettbewerb für die Neuordnung des Hauptbahnhofs für sich entscheiden konnte. 16 Jahre später und 25 Kilometer nördlich bekam der Bahnhof nun sein würdiges Pendant: Udo Heinrich, Schürmanns damaliger Salzburger Büroleiter und in Salzburg selbstständig seit 2001, hat ihn für Lamprechtshausen entworfen. Gunter Mackinger hatte mit dem Architekten gute Erfahrungen gemacht. Der Direktor der Salzburger Lokalbahnen - Salzburg AG hat die Synergien und gemeinsamen Erfahrungen mit dem Ziel genutzt, mit begrenzten Mitteln beste Qualität umzusetzen.

Die 1896 eröffnete Haltestelle Lamprechtshausen befand sich nicht direkt im Ortzentrum, da ursprünglich eine Trassenverlängerung der Lokalbahn nach Braunau mitgedacht worden war. Nun galt es, der Bedeutung des Orts als Verkehrsdrehscheibe für Pendler aus dem nördlichen Flachgau und dem Innviertel nach Salzburg Rechnung zu tragen. Zehn Jahre vergingen von Heinrichs erster Studie bis zum Neubau. Von Anfang war klar: Der Bahnhof sollte rund 200 Meter näher ans Zentrum rücken, an den Ort der alten Remise.

Wie der bereits 2000 entstandene, tonnenförmige Trimmelkamer Bahnhof der Linzer Architekten Schremmer & Jell hat Heinrich die beiden Funktionen Remise und Bahnstation für die Fahrgäste kombiniert: eine gut 100 Meter lange, 14,5 Meter breite Halle präsentiert, die durch kreisförmige Oberlichten über dem Mittelbahnsteig belichtet wird.

Zum Gewerbegebiet im Norden schotten kiemenförmige, von „versteinerten“ (Reckli-Matrizen) und echten Pflanzen „bewachsene“ Betonscheiben den großzügigen, von Tageslicht durchfluteten Raum ab. Die Halle öffnet sich zum Vorplatz raumhoch mit einer Glasfassade und ist auch in der Nacht gut einsehbar. Das Sicherheitsgefühl unterstützen zudem runde Oberlichten über dem Mittelbahnsteig und ein ausdifferenziertes Kunstlichtkonzept.

Die Sorgfalt in der architektonischen Konzeption zeigt beispielsweise die filigrane, 45 cm starke vorgespannte Stahlbetonplatte. Die Dachplatte kragt südseitig drei Meter aus, bildet den Sonnenschutz für die Halle und den Wetterschutz fürs Umsteigen an der Bus- bzw. Kiss & Ride-Spur.

Von der hohen Detailqualität profitieren Bahnkunden wie Personal. Die Jury des Bauherrnpreises 2012 sieht zu Recht den Neubau „als vorbildliches Modell für unzählige verbesserungswürdige Bahnstationen in unserem Land. Es zeichnet sich bereits ab, dass der Bahnhof auch zum Inkubator für eine Siedlungsentwicklung in Bahnnähe werden könnte.“ In der Tat: Seit der neue Bahnhof in Lamprechtshausen im Mai 2012 in Betrieb genommen wurde, steigen die Fahrgastzahlen. Dies zeigt die Akzeptanz in der Bevölkerung für die neue Gestaltung des Verkehrsknotenpunkts.

Bedauerlicherweise wurde auch in Salzburg das Potenzial dieser Regionalbahnen für eine positive Entwicklung des Zentralraums nicht erkannt, sie wurden vom Auto verdrängt. In den 1950er Jahren wurden die Ischlerbahn (Salzkammergut Lokalbahn) und der Südast der Roten Elektrischen (der bis Berchtesgaden führte) stillgelegt. Das blieb dem Nordast Salzburg-Lamprechtshausen erspart, glücklicherweise identifizierte sich die Bevölkerung damals stark mit  i h r e r Roten Elektrischen.

Bemerkenswerterweise sträubten sich die ÖBB lange, die zentralste Haltestelle „Salzburg Mülln“ um den Hinweis „Altstadt“ zu ergänzen. Mehr als überfällig sind City-Bike-Stationen, es gibt keinen Übersichtsplan zu Park & Ride-Parkplätze an den S-Bahnstrecken der Region, die – wenn vorhanden – oft schon zu klein sind.

Erfreulich ist die Architektur der neuen S-Bahnstationen als Folge eines geladenen baukünstlerischen Optimierungsverfahrens (2000). Das Architekturbüros HALLE 1 schuf ein prototypisches Leitbild. Ihre modular entwickelten Bestandteile wie die skiähnlichen Bahnsteigdächer haben die Architekten bei den drei S-Bahn-Stationen Parsch, Gnigl und Sam, die seit 2003 am Südast entstanden sind, selbst variiert (weitere Haltestellen mit CD-Manual HALLE 1, Umsetzung Arch. Erich Fally, seit 2010 Fally + Partner Architekten ZT GmbH: Puch-Urstein, Oberalm, Hallein-Burgfried, Kuchl-Garnei, Aiglhof, Mülln-Altstadt, Taxham-Europark).

Bilder: Udo Heinrich (4); HALLE 1 (2)

 

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