HINTERGRUND / MOZARTEUMSGESCHICHTE(N)

02/10/25 Schülerinnen streben in die „Musikschule für Jugend und Volk“, also ins Mozarteum, im Schuljahr 1939/40. Eine politisch dunkle Zeit. Damals stand auf dem Jahresbericht immerhin noch „Staatlichen Hochschule für Musik Mozarteum in Salzburg“. 1943/44 hieß er „Jahresbericht der Reichshochschule für Musik Mozarteum“.

Von Reinhard Kriechbaum

Aus letzterem stammt das Foto mit musizierenden jungen Damen im Dirndl auf dieser Seite. Emmi Wierer war die wohl ganz im Sinne der Nazi-Machthaber agierende Leiterin der Gruppe. „Der Heimatchor der ANST Mozarteum unter Leitung von Emmy Wierer absolviert auf Einladung der Gaustudentenführung Auftritte bei den Prager Kulturtagen“, konnte man im Februar 1944 in der „Salzburger Zeitung“ lesen. Das dritte Bild: Paul Schilhawsky (1918-1995) beim Unterricht, 1972/73. Damals leitete der spätere Mozarteums-Rektor die Klasse für Konzertgesang und Liedinterpretation. Und er war gerade Leiter der Internationalen Sommerakademie geworden.

Man kann viel herauslesen aus solchen Bildern – und genau das soll nun geschehen. Die Plattform Geschichtspolitiken der Universität Mozarteum Salzburg beschäftigt sich mit Erinnerungskulturen von den 1920er bis in die 1990er Jahre. Die wissenschaftliche Aufarbeitung der politischen Vergangenheit der Universität, besonders in der Zeit des Austrofaschismus, des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit, spielt dabei eine ebenso wichtige Rolle wie Kunstprojekte gegen das Vergessen und für mehr Bewusstsein.

In einem Citizen-Science-Projekt begibt man sich nun auf die Suche nach Dokumenten und Erinnerungen von Zeitzeugen, eben für die Jahre 1920 bis 1990. Für diesen Zeitraum sucht man Dokumente zu Veranstaltungen und zum Unterricht am Mozarteum, Fotos, Tonaufnahmen, Unterrichtsmitschriften und -materialien, Unterlagen von Lehrenden und Studierenden, Veranstaltungsprogramme, Plakate, Zeitungsberichte, Korrespondenzen, Briefe, Postkarten, Urkunden, Diplome und Zeugnisse. Was sich halt möglicherweise findet in Bilderalben oder in Schachteln, in die womöglich schon lange niemand mehr hinein geschaut hat.

Die Unterlagen können dem Archiv der Universität Mozarteum Salzburg durch Schenkung oder durch Scannen der Materialien durch Mitarbeiterinnen des Archivs zur Verfügung gestellt werden. Gerne werden auch bereits digitalisierte Unterlagen entgegengenommen. „Das Archiv wird die Materialien entsprechend aufbewahren und für die Zukunft sichern.“

Darüber hinaus besteht großes Interesse Oral history, also an Erinnerungen und Berichten von Zeitzeugen. „Wer auf diese Weise zu dem Projekt beitragen kann und möchte, ist sehr herzlich eingeladen, über Erlebnisse und Erfahrungen in mündlicher oder schriftlicher Form zu berichten“, heißt es in einem Aufruf.

Nicht unwichtig, gerade wenn es möglicherweise um Materialien aus der Nazi-Zeit geht: Auf Wunsch können die Fundstücke sowie deren Herkunft und die einsendenden Personen anonymisiert werden, um den persönlichen Datenschutz zu wahren. Ebenso können Vereinbarungen getroffen werden, in welcher Form und in welchem Umfang die Materialen genutzt werden dürfen (beispielsweise ausgewählte Ausschnitte, Schwärzungen von Namen...)

Kontakt: Elisabeth Nutzenberger, Archiv der Universität Mozarteum, Mirabellplatz 1, 5020 Salzburg. Tel: 0676 88122 623 (Montag bis Freitag 10 bis 12 Uhr), elisabeth.nutzenberger@moz.ac.at
Bilder: Universität Mozarteum / Archiv