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Macht und Recht

IM PORTRÄT / FERDINAND VON SCHIRACH

13/03/17 Ferdinand von Schirach wird am 27. Juli in der Felsenreitschule die Festrede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele 2017 halten. Im Landestheater ist gerade sein Stück „Terror“ zu sehen.

„Ferdinand von Schirach führt sein Publikum an diese existenziellen Fragen. Mit der Denkschärfe eines Strafverteidigers, mit der Argumentationsstärke eines großen Erzählers. Seine klare demokratische und rechtsstaatliche Haltung gibt Orientierung, seine überzeugend formulierten Gedanken machen ihn zum idealen Festspielredner 2017.“ So Festspielpräsidenten Helga Rabl-Stadler und Intendant Markus Hinterhäuser in einer Presseaussendung der Festspiele.

Darf ein Leben gegen das Leben anderer abgewogen werden? Rechtfertigt der Zweck die Mittel? Nach welchen ethischen Koordinaten richten wir unser Leben und Handeln ein? – Das sind drängende Fragen in einer Zeit, da die Welt aus den Fugen geraten zu sein scheint. Sie bestimmen werden auch in Ferdinand von Schirachs Stück „Terror“ gestellt, seinem jüngsten Werk, das zum „erfolgreichsten Theaterstück der Gegenwart“ gekürt wurde („Die deutsche Bühne“).

Immer wieder plädiert Schirach für den anstrengenden und langwierigen „Ausgleich von Interessen“, den nur demokratische Abläufe garantieren können. Der Macht müsse das Recht entgegengesetzt werden, sagt er. Die Prozessordnungen der Rechtsstaaten seien eine der bedeutendsten Errungenschaften der Aufklärung, nur sie könnten unsere Wut kanalisieren, ihre Regeln würden unsere schwankenden Gefühle ordnen, Zorn und Rache lehnten sie als Ratgeber ab. Sie würden den Menschen achten und am Ende seien nur sie es, die uns schützen könnten. Und Ferdinand von Schirach beharrt darauf, dass dem Gesetz auch dann Genüge getan werden muss, wenn im Einzelfall Unerträgliches dabei herauskommen könnte.

Unterschiedliche Facetten der Macht sind auch Thema des Programms der ersten Saison von Markus Hinterhäuser als Intendant. Die Macht der Vergebung oder die Ohnmacht des Verzeihens in der Eröffnungsoper von Wolfgang A. Mozart La clemenza di Tito. Die politische Macht und die Ohnmacht der Besiegten in Verdis Aida. Das blutige Aufbegehren einer starken Frau gegen die Unterdrückung des Systems in Lady Macbeth von Mzensk von Dmitri Schostakowitsch. Der Aufschrei der unterdrückten Kreatur gegen den Machtmissbrauch der Obrigkeit in Alban Bergs Wozzeck. Und das niederschmetternde Fazit von Gewalt und Verblendung durch die Macht in Aribert Reimanns Lear.

Ferdinand von Schirach wurde 1964 in München geboren. Er arbeitete 20 Jahre als Strafverteidiger. Mit 45 Jahren veröffentlichte er sein erstes Buch. Der in Berlin lebende Schriftsteller wurde vielfach mit internationalen Literaturpreisen ausgezeichnet.

Zum Namen von Schirach sollte einem nicht NS-Reichsjugendführers Baldur von Schirach einfallen (der Großvater des Schriftstellers). Ein Urgroßvater war der Intendant des Nationaltheaters in Weimar und des Staatstheaters Wiesbaden Carl von Schirach. Einer weiterer Vorfahre ist Arthur Middleton, Mitunterzeichner der Unabhängigkeitserklärung der USA, also einer der Gründerväter der USA. Ein anderer seiner Vorfahren ist der Historiker und Schriftsteller Gottlob Benedikt von Schirach, der 1781 die Zeitschrift „Politisches Journal nebst Anzeige von gelehrten und anderen Sachen“ gründete – eine der ersten Zeitschriften Europas.

„Der Spiegel“ nannte Ferdinand von Schirach einen „großartigen Erzähler“, die „New York Times“ einen „außergewöhnlichen Stilisten“, der britische „Independent“ verglich ihn mit Kafka und Kleist, der „Daily Telegraph“ schrieb, er sei „eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur“. Die Erzählungsbände Verbrechen und Schuld und die Romane „Der Fall Collini“ und „Tabu“ wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen bisher in mehr als vierzig Ländern. (PSF)

Ferdinand von Schirachs Stück „Terror“ ist noch vier Mal im Salzburger Landestheater zu sehen, am 15.März sowie am 7., 9. und 19. April – www.salzburger-landestheater.atMehr über den Autor: www.schirach.de
Bild: Salzburger Festspiele / Schirach / Michael Mann
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