Von den Menschen und der Welt erzählen

IM PORTRÄT / EDITTA BRAUN

09/10/17 Editta Braun erhält den Großen Kunstpreis des Landes Salzburg. Er wird zum ersten Mal für Darstellende Kunst vergeben. „Gegen den Strom zu schwimmen ist mittlerweile Überlebensstrategie. Nur zu reden, das reicht definitiv nicht“, sagt die Salzburger Tänzerin und Choreographin, die heuer den tanz_house Herbst kuratiert.

So hat Editta Braun sich immer sozial engagiert, beispielsweise für eine „Bank für Gemeinwohl“, die „erste alternative Ethikbank Österreichs“. Aber den Großen Kunstpreis bekommt sie natürlich als Künstlerin. „Ich bin gegen Wettbewerb in der Kunst“, sagt die Geehrte. „Kunst ist nicht messbar, nicht vergleichbar, keine Sportart. Auch Preise haben etwas Eigenartiges – wer hätte sie nicht verdient?“ Aber Anerkennung sei so wichtig „wie der Bissen Brot und diese Ehrung ist schon ein mehrgängiges Festmahl.“

Der Beschluss der Jury (Hannah Crepaz, Martin Gruber, Eva Halus) fiel einstimmig. Die Jurorinnen würdigen damit eine Pionierin des zeitgenössischen Tanzes in Österreich und eine der Begründerinnen der Salzburger Tanzszene: 1982 hat Editta Braun – damals mit Beda Percht – das Performancekollektiv "Vorgänge" ins Leben gerufen, drei Jahre später die nach ihr benannte Kompagnie. Seither sind dreißig Produktionen entstanden, ab 1996 in enger Zusammenarbeit mit dem Musiker Thierry Zaboitzeff. Seit den 1980er Jahren prägt die Tänzerin und Choreographin durch ihre Arbeit die Freie Szene in Salzburg.

Für die Jury ausschlaggebend ist unter anderem, dass Editta Braun eine der ersten frei produzierenden Künstlerinnen war. Über die Jahre hat sie eine sehr persönliche, vor allem expressiv, theatrale Ästhetik entwickelt. Darüber hinaus, so die Meinung der Jury, verwendet sie Tanz als eine Möglichkeit, die Welt zu erkunden und gesellschaftlichen Fragen nachzugehen, u.a. die der Rolle der Frauen in verschiedenen Kulturen. Die Choreographin scheut die Auseinandersetzung mit großen Themen nicht, sie kombiniert sie mit viel Humor, Selbstironie eingeschlossen.

Außerdem hebt die Jury die Bedeutung von Editta Braun als Bewegerin für die Tanzszene und deren Vernetzung hervor – u.a. durch die Gründung des tanz-house Festivals in Salzburg und ihre Mitwirkung bei ähnlichen Veranstaltungen wie der Szene Salzburg, von Impulstanz Wien oder dem Brucknerfest in Linz – sowie die Relevanz ihrer Arbeit für den Nachwuchs. Durch die Einbindung von Absolventen und Absolventinnen von SEAD für eigene Produktionen stärkt sie die Salzburger Tanzszene und verhindert „Abwanderung“ kreativer Kräfte.

Durch die Gastspielreisen ihrer Kompagnie nach Paris, Brüssel, Athen oder Luxemburg, aber auch bis nach China, Indien oder den Senegal stärkt sie das Renommee Salzburgs im Tanz. Ihr Wissen gab und gibt sie als Dozentin u.a. innerhalb der Tanzwochen Wien, der Staatsoper sowie aktuell an der Universität Salzburg und der Anton Bruckner Privatuniversität Linz weiter.

Editta Braun freut sich, dass die darstellende Kunst nun auch „preiswürdig“ ist. Die darstellende Kunst habe heftige kommerzielle Konkurrenz und sei flüchtig, sei „nach dem Spiel abgespielt“ und habe es schwer, Spuren zu hinterlassen, so die Preisträgerin weiter. „Ein Preis als Würdigung ist so eine Spur, erst recht für den zeitgenössischen Tanz. Er ist noch immer eine zarte Pflanze. Danke fürs Gießen im Allgemeinen und den Dünger für meine Arbeit und die meiner Company im Besonderen. Denn, das ist mir sehr wichtig, eine solche langjährige Entwicklung kann nur im Team, in der Zusammenarbeit, in der Gemeinsamkeit passieren. Also sehe ich es so, dass der Preis auch stellvertretend an jene geht, die mit mir all diese Wege gegangen sind. Und das sind viele außergewöhnliche Menschen.

Seit 1976 lebt und arbeit die 1958 in Vöcklabruck geborene Tänzerin und Choreographin in Salzburg. Sie erhielt eine klassische Ballettausbildung, lernte Klavier, studierte Germanistik und Sportwissenschaft in Salzburg und absolvierte eine Tanz- und Schauspielausbildung in New York und Paris. 1982 gründete sie das Performancekollektiv Vorgänge (mit Beda Percht) und 1989 die editta braun company Salzburg. Seit 1996 gibt es eine enge Zusammenarbeit mit Thierry Zaboitzeff (Musik, Komposition).

Die Gelegenheit, eine Produktion von Editta Braun zu sehen, gibt es beim tanz_house Herbst vom 17. bis 29. Oktober in Salzburg, das in diesem Jahr von ihr kuratiert wird. Ihre eigene neue Produktion „Close Up 2.0“ hat am 28. Oktober Premiere. Das „tanz_house“ ist ein Zusammenschluss freischaffender Choreographinnen und Choreographen mit Lebensmittelpunkt Salzburg. Dazu morgen mehr. (Landeskorrespondenz)

Kulturlandesrat Heinrich Schellhorn wird die mit 15.000 Euro dotierte Auszeichnung am 28. November in der Salzburger Residenz überreichen.
Das Programm des tanz-house Herbst 2017 von 17. bis 29. Oktober: www.tanzhouse.at 
Über die Edittas braun company: www.editta-braun.com
Bild: LMZ / Bettina Frenzel