Gut, dass er nicht mit der Andrea Doria unterging

TODESFALL / WILHELM HOLZBAUER

16/06/19 Das Haus für Mozart ist natürlich das weitaus prominenteste Werk von Wilhelm Holzbauer am Ort. Dächte man sich allerdings in Salzburg all die von ihm entworfenen und auch realisierten Gebäude weg: Es blieben viele, viele Leerstellen, vom Bildungshaus St. Virgil bis zur NAWI in Freisal. – Wilhelm Holzbauer ist am Samstag (15.6.) 88jährig in Wien gestorben.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Leerstellen ohne Holzbauer gälten übrigens für Wien genau so, wo der 1930 geborene Salzburger nicht nur die Fußgängerzone in der Kärntner Straße, also im Epizentrum des Ersten bezirkds, plante. Von Holzbauer stammen auch die Designs für die Wiener U-Bahn-Stationen, die auch international preisgekrönt wurden.

„Wilhelm Holzbauer leistete nicht nur als Architekt Großes, sondern er bereitete insbesondere als Universitätsprofessor eine Vielzahl von Studierenden auf eine erfolgreiche Architekturkarriere vor“, heißt es in einem Nachruf der Universität für angewandte Kunst Wien. Von 1977 bis 1998 wirkte er dort als Lehrender, von 1987 bis 1991 leitete er die Angewandte als Rektor, die ihm im Jahr 2002 auch den Ehrenring der Universität verlieh. „Seine Persönlichkeit, die von Energie und Enthusiasmus gekennzeichnet war, wird unvergessen bleiben“, so Rektor Gerald Bast von der Angewandten.

Den Enthusiasmus, stets gepaart mit einem gerüttelt Maß Selbstbewusstsein, wusste Wilhelm Holzbauer durchaus in eigener Sache einzusetzen. Nachdem er von 1945 bis 1949 die Gewerbeschule Salzburg besucht hatte, studierte danach an der Akademie der bildenden Künste Wien in der Meisterklasse von Clemens Holzmeister. Als Holzmeister, der sich über Jahre, ja Jahrzehnte für einen Umbai des Kleinen Fstspielhauses stark gemacht hatte, den Wettbewerb fürs Haus fürs Mozart nicht gewonnen, hat Holzbauer – der sich als Intimus und logischer Vollstrecker der Ideen seines Lehrers sah – dagegen mit aller Energie und letztlich mit Erfolg opponiert. So kam es zur Zusammenarbeit von ihm, dem Zweitgereihten, mit den Einreichern des Siegerprojekts, der Arbeitsgemeinschaft Herman & Valentiny und Wimmer Zaic Architekten.

Am Anfang von Wilhelm Holzbauers Arbeiten in Salzburg standen Kirchen. Er gehörte damals, Mitte der 1950er Jahre, der Arbeitsgruppe 4 an, die für Salzburg die Pfarrkirche in Parsch und das Kolleg St. Josef in Aigen baute. Um ein Haar wären das Holzbauers einzige Arbeiten geblieben, denn 1956 reiste der junge Architekt als Träger eines Fulbright-Stipendiums in die USA, auf dem Seeweg. Sein Schiff war die legendäre Andrea Doria, deren Untergang der junge Mann überlebte.

Holzbauer studierte dann am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge und war gleich im Anschluss 1957/58 Gastprofessor an Universitäten in den USA und in Kanada. 1964 eröffnete er schließlich ein Architekturbüro in Wien, ein weiteres folgte 1969 in Amsterdam.

Aber weiter mit Holzbauers Arbeiten für Salzburg: Ein ganz wesentlicher und auch karrierefördernder Auftrag kam von der Erzdiözese, die bei ihm das Bildungshaus St. Virgil in Auftrag gab (1968-1976 wurde der Bau realisiert, ab 1995 entscheidend erweitert). Den Architekturpreis des Landes bekam Holzbauer für einen Anbau zum seinerzeitigen Gebäude des Residenzverlags oin der Gaisbergstraße, der 2009 leider zerstört wurde. Ein weiteres Mal hat er den Archoitekturpreis des Landes bekommen, für die Naturwissenschaftliche Fakultät in Freisal (1978–86), die er in Arbeitsgemeinschaft mit Hübner/Ekhard/Marschalek/Ladstätter 8umsetzte. Über dieses Bauwerk schrieb Friedrich Achleitner, „dass es möglich ist, sogar die Herausforderung eines von der Geschichte so geprägten Ortes wie Salzburg anzunehmen und umgekehrt, dass auch solche Städte noch die Chance haben, in die Architektur der Gegenwart impulsgebend hineinzuwirken“.

Auf frühen Holzbauer-Entwürfen basieren das Studentenheim Kapellhaus (Sigmund-Haffner-Gasse 20), das Seelsorgezentrum St. Vitalis (mit Gernot Kulterer) und das Eich- und Vermessungsamt (Georg-Wagner-Gasse 8). In den 1980er Jahren kamen das Kieselgebäude und das Post- und Wählamt (E.-Fugger-Straße 7) dazu, in den 1990er Jahren unter anderem das Bürogebäude der EA-Generali, das Bürogebäude der Arbeiterkammer und jenes der SAFE (Salzburg AG). Nicht zu vergessen aufs Haus Holzbauer, Hellbrunner Allee 7.,

Prominente internationale Projekte waren Anfang der 1980er Jahre das Rathaus und das Musiktheater in Amsterda sowie das Festspielhaus Baden-Baden. In Bregenz entwarf Holzbauer das Vorarlberger Landhaus.

Der Architekt in einem Zeitungsinterview über sich: „Ich würde mich als einen der wenigen klassischen Architekten bezeichnen. Ich versuche stets, mich der Situation anzupassen, dadurch entstanden viele verschiedene architektonische Bauten. Heute gibt es Richtungen wie Postmodernismus und Minimalismus. Ich bin nichts von alledem und doch von allem etwas.“ Andere haben eben dies als Pragmatismus bezeichnet.

Ein Schmankerl in der Biographie: Von 1979 bis 1989 leistete sich Holzbauer aus Freude an gutem Essen das kleine Restaurant Mattes in der Schönlaterngasse in Wien, wohin er prominente Köche verpflichtete. Es war das erste Wiener Haubenrestaurant.

Bilder: holzbauer-partner.at (1);Salzburger Festspiele/Luigi Caputo (1); St. Virgil (1)