Der Mozart-Intimus schlechthin

TODESFALL / RUDOLF ANGERMÜLLER

17/07/21 Er war einer, den man um zwei Uhr morgens aus dem Bett hätte läuten und ihm die Frage hätte stellen können, was Mozart am soundsovielten März des Jahres 1772 genachtmahlt hat. Rudolf Angermüller hätte das sagen können, ohne erst lange in einer Briefausgabe blättern zu müssen.

Von Reinhard Kriechbaum

Der Musikwissenschafter Rudolf Angermüller war einer der Intimissimi im Wissen um den genius loci. In seinen Briefen kannte er sich so gut aus, ja, er hatte sie derart verinnerlicht, dass er sogar in die Rolle des Alter ego schlüpfte und eine fingierte Autobiographie aus authentischen Brtiefzitaten verfasste. Ich, Johannes Chrisostomus Amadeus Wolfgangus Sigismundus Mozart. Eine Autobiografie kam 1991 heraus, kongenial illustriert von Tony Munzlinger.

Was weit weniger bekannt ist: Rudolf Angermüller war auch ein Salieri-Kenner. Dessen Leben und Opern galt Angermüllers im Druck immerhin dreibändige Dissertation. Und in weiteren drei Bänden editierte er Lebenszeugnisse von Salieri. Dieses Kompendium ist ein Jahr später erschienen, nachdem Peter Shaffer mit Amadeus die Giftmord-Legende zwischen den vermeintlichen komponierenden Widersachern zum Theater-Bestseller gemacht hatte. Ein Wunder, dass Rudolf Angermüller, den auch ein guter Schuss Humor auszeichnete, in dem nicht ganz ernst gem,einten Buch Mozart muss sterben. Ein Prozess (2005) Gründe sonder Zahl fand, auf die hin weitere vierzehn Zeitgenossen als Mozarts Mörder in Frage kamen? Salieri als Vergifter Mozarts ging dem, der mit beiden Komponisten quasi auf Du und Du war, ganz gegen den Strich...

Angermüller wurde 1940 in der Nähe von Bielefeld geboren. Er absolvierte 1961 das Bielefelder Försterling-Konservatorium für Musik (Klavier, Kontrabass, Musiktheorie). Von 1961 bis 1970 studierte er Musikwissenschaft an den Universitäten in Mainz, Münster und Salzburg bei Arnold Schmitz, Günther Massenkeil, Hellmut Federhofer und Gerhard Croll, daneben Romanistik und Geschichte. 1970 promovierte er an der Universität Salzburg. Von 1968 bis 1975 war er Lehrbeauftragter am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Salzburg. Von 1982 bis 2004 war er Leiter der wissenschaftlichen Abteilung der Internationalen Stiftung Mozarteum, von 1988 bis 2004 deren Generalsekretär. Seine Publikationen, Aufsätze und Programmhefttexte in Sachen Mozart sind schier unüberschaubar. Rudolph Angermüller ist am 15. Juli im Alter von achtzig Jahren gestorben.

ISM / Klaus Hennch (aus der Festschrift 2005, Florilegium pratense)