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Ein Theatermacher ist nicht mehr

TODESFALL / HERBERT LEDERER

28/12/21 Vor gut vierzig Jahren hat er der Schreiberin dieser Zeilen, im Pongau aufgewachsen, ein eine Welt erschlossen. Ein schmaler Raum. Ein paar Reihen roter Samt-Klappsessel, von irgendwoher in die alte Mühle zwischen Flachau und Reitdorf gekarrt. Auf der Bühne: Herbert Lederer. Nun ist der Prinzipal, Darsteller und Regisseur mit 95 Jahren in seiner Heimatstadt Wien gestorben.

Von Heidemarie Klabacher

„36 Jahre lang, von 1970 bis 2006, war der als Herbert Andl Geborene Prinzipal der Ein-Mann-Bühne Theater am Schwedenplatz“, heißt es heute Donnerstag (28.10.) im STANDARD. „Ein wahres Theaterurgestein ist mit Herbert Lederer von uns gegangen“, sagte Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler gestern in einer Aussendung der Stadt Wien: „Mit seiner Ein-Mann-Bühne, dem Theater am Schwedenplatz, auf der er Direktor, Ausstatter, Regisseur und Darsteller in Personalunion war, wurde Herbert Lederer zur Kleinkunstlegende. Gastspielreisen führten ihn drei Mal um die ganze Welt, doch seine Heimat war immer Wien.“

Stimmt schon. Irgendwie. Aber nicht ganz: Auch wenn Herbert Lederer das Ein-Mann-Theater im Pongau nur im Sommerbetrieb bespielt hat, darf doch vermutet werden, dass er und seine Frau, die Schauspielerin Erna Perger, auch Flachau/Reitdorf ein wenig als Heimat empfunden haben.

Schon lang ist der Vorhang in Flachau gefallen. Noch heute fehlt beim Vorbeifahren tagsüber der Anblick der hageren Gestalt Herbert Lederers und seiner Ehefrau mit den tiefschwarzen Haaren bei der Gartenarbeit. Stimmt das jetzt oder gaukelt die Erinnerung? Jedenfalls schmerzt es noch heute, das ehemalige Theater im Pongau zu einem gesichtslosen Wohnhaus umgebaut zu sehen. Jemand mit Vision, egal ob aus Kultur oder Politik, hätte die singuläre Stätte für die viel beschworene „Kultur auf dem Lande“ retten können. „Von 1966 bis 1991 spielte Lederer zudem jede Sommersaison in seinem Theater im Pongau, einer alten Mühle in der Salzburger Gemeinde Flachau.“ Weiß sogar die Wiener Zeitung. Ein Herbert-Lederer Theater hätte es auch nach dessen Rückzug bleiben können...

„'Lederer ist nicht allein Teil österreichischer Theatergeschichte, er hat durchaus im Sinne des Wortes auch Theatergeschichte geschrieben', unterstrich in einer Würdigung Thomas Trabitsch, als Direktor des Theatermuseums Wegbegleiter des Verstorbenen: 'Sein Theater war für ihn immer jener Ort, an dem die darstellende und die bildende Kunst gemeinsam mit der Musik eine Einheit bildeten und sie von ihm als solche gedacht und verstanden wurde.'“

Herbert Lederer, geboren am 12. Juni 1926, studierte Theaterwissenschaft, Germanistik und Psychologie und dissertierte 1948 über das Moskauer Künstlertheater. „Bevor alles verweht... nannte Herbert Lederer 1986 die von ihm verfasste Geschichte der Wiener Kellertheater von 1945 bis 1960, eine Geschichte, die er auch selbst mitgeprägt hat. Denn der praktischen Theaterarbeit widmete er sich in allen Facetten: Er besuchte Kurse in Kostümentwurf und Bühnenbildkunde und absolvierte als Schauspieler, Regieassistent, Regisseur, Inspizient und Dramaturg Wanderjahre an großen und kleinen Bühnen, ehe er sich Ende der 50er-Jahre zur Selbstständigkeit entschloss und sein Ein-Mann-Theater etablierte.

Ausgezeichnet wurde Herbert Lederer mit dem Berufstitel Professor, dem Nestroy-Ring und 2008 mit dem Großen Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien. Herbert Lederer ist am Freitag 22. Oktober im Alter von 95 Jahren verstorben.

Bild: Nestroy-Gesellschaft / www.nestroy.at

 

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