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Neugierig und schier unermüdlich

TODESFALL / FRIEDL BAHNER

03/03/22 Die große Glocke war gewiss nicht sein Lieblingsinstrument. Auch nicht das schwere Blech. Friedl Bahners Lebenswerk ist untrennbar verknüpft mit der Kultur in der Stadt Hallein, aber auch generell mit dem Begriff „Kultur im Land“ in Salzburg. Er war keiner, der seine Verdienste mächtig hinausposaunt hätte. –  Zum Tod eines unermüdlichen Kultur-Arbeiters.

Von Reinhard Kriechbaum

Ein Pausengespräch mit Friedl Bahner bei einer Festspielaufführung, im Theater, im Konzert – das gehörte fast dazu. Denn trotz seiner Gehbehinderung war Friedl Bahner über Jahrzehnte gefühlt überall dabei, wo sich Kultur belangvoll manifestierte. Dieser feine Herr, der im Verlauf von nicht ganz drei Jahrzehnten quasi zum Synonym für Kultur-Macherei in Hallein geworden ist, war eben nicht fokussiert auf das, was manche abschätzig „Provinz“ nennen. Er war hochinteressiert an vielem, von der Hoch- bis zur Alternativkultur. Man begegnete ihm an den unterschiedlichsten Kulturstätten. Immer hatte er eine Meinung, sie aber nie anderen aufgedrängt. Ein bis ins hohe Alter – Friedl Bahnerr ist am Aschermittwoch (2.3.) achtzigjährig einem Schlaganfall erlegen – hellwacher Beobachter. Auf seine Sicht konnte man was geben.

Es ist schon wieder sieben Jahre her, dass er sich als Leiter des von ihm gegründeten Kulturforums Hallein zurückzog. Damals, 2015, hat DrehPunktKultur mit ihm ein Interview gemacht. Das war eigentlich eine Fleißaufgabe, weil man als Kulturjournalist sowieso immer wieder mit ihm ins Plaudern kam. Er war ja immer um die Wege. In diesem Interview hat er so nebenbei fallen lassen, dass es da ein an ihn gerichtetes Dankschreiben gibt von Gérard Mortier. Der ehemalige Festspielintendant hat sehr genau gewusst, wer in Hallein die Kultur beständig vor- und mitdenkt. Im Interview selbst hatte Friedl Bahner auf die Frage, was seine größten Erfolge waren, das Herbeiholen der Festspiele auf die Pernerinsel mit keinem Wort erwähnt. Und doch war er ein maßgeblicher Strippenzieher im Hintergrund.

Das „Kulturforum Hallein“, zu dem er 1987 stieß und das er bald als Obmann leitete, war so etwas wie das inoffizielle Kulturamt der Stadt Hallein. Von außen hat es in der Ära von Bürgermeister Kurz so ausgesehen, als sei Friedl Bahner der inoffizielle Kulturstadtrat. Tempi passati.

Als „ein Herantasten“ ans Publikum und an die Politiker beschrieb dieser unermüdliche Kulturarbeiter seinen Einsatz für die Sache. Lokal- und Regionalpolitiker waren immer gut beraten, auf Friedl Bahners Einschätzung der Lage zu hören. Immer war er bemüht, Neugier zu wecken. Dass ihm das bei zuletzt 15.000 bis 20.000 Besuchern seiner Veranstaltungen pro Jahr auch gelungen war, das hat er wirklich ganz obenauf geschrieben auf seine Erfolgsliste. Nach seinem Rückzug aus dem „aktiven“ Kulturleben konnte man in Hallein nur noch träumen von solcher Nachfrage nach Kultur.

Mit dem Internationalen Ö3-Folk-Festival 1989 hatte es begonnen, einige Jahre gab es das Folk Festival Hallein, bald die Stadtfestwoche(n) bzw. Halleiner Festwochen. Und natürlich immer ein umfangreiches Basis-Ganzjahresprogramm. Bahner hat in Hallein eine gute Weile ein „Festival Junge Salzburger Musiker“ durchgeführt und leitete auch die „Bad Dürrnberger Konzerte“. 1984 hat er die Oper Der Kaiser von Atlantis aufführen lassen und war damit ganz vorne dran bei der Renaissance des in der Nazi-Zeit umgekommenen Komponisten Viktor Ullmann. Und Felix Mitterers Kinder des Teufels wurden auf sein Betreiben hin in Hallein erstaufgeführt. 2003 erhielt Friedl Bahner den Kulturpreis der Stadt Hallein, 2008 den Kulturpreis der Halleiner Industrie und 2012 wurde er mit dem Verdienstzeichen des Landes Salzburg ausgezeichnet.

„Das Interesse und die Freude an der Sache“ hat er als seine Triebkräfte beschrieben. Mühsam bewegte er sich am Stock fort (zuletzt im Rollstuhl), aber das war ihm und seiner Tatkraft kein Hindernis. Ist ihm eigentlich etwas nicht gelungen? „Doch, doch“, sagte er einmal in der ihm eigenen Bescheidenheit. In 27 Jahren für das Kulturforum keinen eigenen Veranstaltungssaal, kein eigenes Haus bekommen zu haben, das verbuchte er für sich auf der Minus-Seite seiner Bilanz. Der Ziegelstadel als Dauer-Spielort hätte ihn schon gereizt. Es sei am mangelnden Interesse der Politiker und an den finanziellen Möglichkeiten gescheitert, „in dieser Reihenfolge“, betonte er.

1941 ist Bahner in Bad Gastein zur Welt, beruflich über Wien nach Hallein gekommen. Das hatte gar nichts mit Kultur zu tun. Er war Westösterreich-Verkaufsleiter einer Firma, die landwirtschaftliche Geräte vertrieb, Melkanlagen und dergleichen. Dreißig Jahre lang war das sein Brotberuf. Ein ärztlicher Kunstfehler Ende der 1970er Jahre führte zu einer schweren Gehbehinderung und letztlich zur frühen Pensionierung. Aber da war Bahner schon in Sachen Kultur engagiert. Mit der engen Liaison zwischen dem Kulturforum und dem örtlichen Tourismusverband hat Friedl Bahner vor über drei Jahrzehnten einen Weg beschritten, den man heute vielerorts (etwa in Saalfelden und Bad Gastein) nachmacht. Kultur, Tourismus, kommunales Selbstverständnis – das sind Parameter, die Friedl Bahner schon ganz früh als fruchtbar ineinandergreifend erkannt hat.

Er sei „Initiator einer permanenten Diskussion über die Notwendigkeit kulturpolitischen Engagements“, hieß es 1998, als Friedl Bahner als erster mit dem Landpreis für Kulturarbeit ausgezeichnet wurde. Dafür muss man ihm unendlich dankbar sein.

Bild: Kulturforum Hallein

 

 

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