Der Tanz-Experimentator

INTERVIEW / MICHAEL STOLHOFER (2)

04/07/12 Dreißig Jahre leitete Michael Stolhofer die Szene Salzburg und prägte als Intendant die Sommerszene. Stolhofer hat das längst international etablierte Festival als "Szene der Jugend" einst von Alfred Winter übernommen und wird die Sommerszene demnächst an Angela Glechner übergeben.

Von Heidemarie Klabacher

„Die radikale, und schon damals auch internationale ‚Szene der Jugend’ unter Alfred Winter war ein Ermöglichungsfestival", erinnert sich Michael Stolhofer im Gespräch mit DrehPunktKultur. "dieses Festival hat immer auch stark die lokale Szene mit einbezogen", so der scheidende Szene-Intendant an die Zeit vor seiner Zeit: „Da ging es immer auch ganz wesentlich darum, eine Plattform für lokale Künstlerinnen und Künstler zu sein.“

Was ihm damals „viel Anfeindungen“ gebracht hat: „Dass ich die Szene ganz massiv nur mehr international positioniert habe.“ Er habe zu Beginn seiner Intendanz „auch viele Traditionen aus der Szene der Jugend relativ schnell aufgeben“, eine bliebte Kabarettschiene etwa, „obwohl das alles viele Anhänger hatte“. "Es hätte auch ganz andere Möglichkeiten gegeben, das weiterzuentwickeln, mit einem anderen Blick auf die Kunst, mit anderen Vorlieben", so Stolhofer. Den „Erfolg der Achtzigerjahre“ habe aber tatsächlich „die klare Profilierung“, die Konzentration auf internationale Strömungen, gebracht. Jedenfalls habe sich „damals eine Veränderung in Momenten gezeigt, die für viele klar als Erneuerung zu erkennen waren“.

Die Sommerszene 2012, die am Donnterat (5.7.) unter dem Motto „Zugabe“ eröffnet wird, bringt viele bekannte Künstlerinnen und Künstler, die für diese Umbrüche standen und stehen. Dennoch sieht Michael Stolhofer „seie“ letzte Sommerszene nicht sosehr als eine Retrospektive, denn als Möglichkeit, „zu zeigen, was aus diesen Jahren heute noch einen wirklichen Wert darstellt – und zwar von Leuten, die ihre Wurzeln in den 80er haben, bis herauf zu solchen, die erst vor wenigen Jahren losgelegt haben“.

Michael Stolhofer selber  hat in der Szene also vor dreißig Jahren „losgelegt“: „Ich komme ja eigentlich aus der Rockmusik und bin irgendwie durch glückliche Umstände in hineingeschlittert.“ Zuvor habe er ganz klassisch Kommunikationswissenschaft studiert, „und die Literatur war auch immer wichtig für mich“. Groß geworden sei er in den 1960/70er Jahren, „in einer Zeit  wo sich künstlerisch viel getan hat, wo mutiges Experiment immer im Vordergrund stand“. Es sei auch „politisch“ nicht unwichtig gewesen,  so etwas in Salzburg zu starten, „in einer Stadt, wo der Konservativismus so überbordend war, dass man dem unbedingt etwas entgegen setzen wollte“. Die Kunst war ein Mittel, um Veränderungen in der Stadt zu erkämpfen. Tatsächlich habe sich die Szene „viel Raum erkämpft“, etwa das Stadtkino oder die Perner Insel: „Wunderbare Dinge, die bleiben.“

Michael Stolhofer übergibt die Szene Salzburg und die Sommerszene an Angela Glechner, geht persönlich aber keineswegs in den Ruhestand. Er behält etwa das Projektmanagement des internationalen Tanznetzwerks apap, das ursprünglich bei der Szene angesiedelt war, wird „Teil des Impulstanz Teams“ und sei „im Moment auch in der Theaterjury der Stadt Wien“. Mit letzterem habe er quasi die Fronten gewechselt, „wenn man mit-berät und -bestimmt, wer  öffentliche Forderung bekommt, macht man sich nicht immer Freunde“. Anecken konnte Michael Stolhofer freilich schon vor dreißig Jahren recht gut – und der Erfolg hat ihm recht gegeben. (Ende)

Die Sommerszene 2012 wird am Donnerstag (5.7.) im Republic eröffnet – www.sommerszene.net
Bilder: Sommerszene/dpk-klaba
Zum ersten Teil des Interviews Das Unvorstellbare auf die Bühne gebracht