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Aus der damals neuen hochalpinen Wunderwelt

BERGFILM-FESTIVAL / AUFTAKT

22/11/13 „Tief unten in der italienischen Po-Ebene brodelt das Wolkenmeer.“ So etwas verheißt nichts Gutes. Da heißt es, sich zu sputen beim Abstieg. Es geht es die Eiswände senkrecht runter, die Eiskristalle unter den Pickelschlägen funkeln im Gegenlicht der trügerisch idyllischen Abendsonne.

096Das kann man auch hören, denn der erst jüngst rekonstruierte Film „Im Kampf mit dem Berge“, 1921 gedreht von Arnold Fanck, ist etwas für Cineasten ebenso wie für Musikfreunde. Paul Merano? Der Komponist der Filmmusik schlüpfte unter dieses Pseudonym: Paul Hindemith steckte dahinter. Er hatte damals als Tonschöpfer eine hochexpressive Sprache drauf, eroberte sich gerade in Donaueschingen internationale Reputation. Da wäre diese filmische Auftragsarbeit unter echtem Namen vielleicht nicht so gut gekommen…

Zum Auftakt des 20. Festivals „Abenteuer Bergfilm“ war der legendäre Streifen in der großen Aula zu sehen, und Hindemiths knallige, aber auch kontrapunktisch raffinierte Musik war live zu hören. Bisher kannte man vom „Kampf mit dem Berge“ nur eine geschnittene Version. Im Filmarchiv Austria fand sich eine Nitro-Kopie, zerschnipselt zwar (die Rede ist von anderthalb Kilometern Film!), aber anhand der Untertitel und der entsprechenden Einträge Paul Hindemiths in seine Partitur konnten die Restauratoren die Originalversion wiederherstellen: 75 Film-Minuten, die bestens korrelieren mit der Musik, wie die Philharmonie Salzburg unter Elisabeth Fuchs mit nicht wenig Temperament vorführte.

097„Im Kampf mit dem Berge“ gilt als der erste abendfüllende Bergfilm. Es war noch nicht die Zeit für Liebesgrüße aus der Lederhose. Da lädt ein wackerer Bergmann eine junge Dame ohne jeden Hintergedanken zu einer exzessiven Tour ein: zur Überquerung des Lyskamm, der nicht zu Unrecht „Der Menschenfresser“ genannt wird. Mit 4.530 Metern ist er der ansehnlichste der „Riesen von Zermatt“, zu denen auch das Matterhorn rechnet. Dieses kommt immer wieder toll ins Bild.

Ilse Rohde und Hannes Schneider waren die Stummfilm-Darsteller, die sich wohl eiskalte Finger und Zehen geholt haben bei den Dreharbeiten, denn der Filmemacher Arnold Fanck hat seinen Schauspielern (zu denen in späteren Jahren auch Luis Trenker rechnete) nichts geschenkt. Fanck hatte 1921 ein Publikum, das auch in der Sommerfrische Berge eher von unten betrachtete. Das Fernsehen war nicht erfunden. Die Städter müssen damals wirklich vom Hocker gewesen sein angesichts dieser Bilder, die auch heute noch imposant wirken.

Auffallend wenig Pathos in der Schauspielerei. Arnold Fanck realisierte technisch verblüffend perfekte Naturbilder. Er beobachtet die Menschlein, die sich da oft abplagen wie Ameisen in einer überdimensionierten Welt, mit Vorliebe im Gegenlicht. Mit viel Liebe lenkte der Regisseur die Aufmerksamkeit des Publikums auch auf bergsteigerische Details, auf die Technik des Anseilens, auf die Steigeisen. Dass man Schnee auftaut, um zu Wasser zu kommen – das musste damals wohl auch erst erklärt werden.

098Eine reizvolle Szene: „Schattenspiele in der Gletscherspalte“: Da kommt der Kameramann auch ins Bild, wie er an seinem Gerät kurbelt… Eine Brechung der Perspektive, die unglaublich modern anmutet.

<20. Festival „Abenteuer Bergfilm“, Das Kino, 21. November bis 11. Dezember –
Bilder: Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, Wiesbaden
Zur Glosse Ihre Welt sind die Berge
Zur Hintergrund-Geschichte Und er kam doch in Fänge des Regimes<
Zum Vorbericht
„Wir sind die Free Rider des Bergfilms“

 

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