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Der Postler und das Poster

LOOKING FOR ERIC

12/01/10 In seinem 42. Film lässt Ken Loach den Fußballstar Eric Cantona sich selbst spielen. Als philosophischer Lebensratgeber macht dieser das Leben in Manchester ein klein wenig besser.

Von Michael Russ

Eric Bishop, Postler in Manchester, dreht sich im Kreis – sowohl im übertragenen Sinne, als auch ganz real endlos im Kreisverkehr, bis er in ein anderes Auto kracht. Körperlich bleibt Eric unverletzt, aber psychisch wird es immer schlimmer. Seine Briefträgerkollegen machen sich Sorgen, versuchen ihn aufzubauen – erfolglos.

Eric (Steve Evets) hat auch nicht viel Grund zu lachen, seine zweite Frau hat ihn vor einigen Jahren verlassen, seine Stiefsöhne sind geblieben und wachsen ihm mehr und mehr über den Kopf. Jess (Stefan Gumbs), der Jüngere, schwänzt ständig die Schule, Ryan (Gerard Kearns) hat sich mit ausgesprochen zwielichtigen Typen eingelassen. Die Burschen nehmen ihn nicht ernst, dass Eric sich Nächtens immer wieder einmal an Rays Haschischvorrat bedient, trägt auch nicht zum gegenseitigen Respekt bei. Als sich Eric, Manchester United Fan wie alle seine Freunde, eines Nachts, während er einen Joint raucht, bei einem lebensgroßen Poster seines Idols Eric Cantona über das Leben beklagt, steht plötzlich der leibhaftige Cantona vor ihm. Nachdem man den Joint gemeinsam zu Ende geraucht hat, beginnt der Fußballer den Postler auf den rechten Weg zu bringen.

Langsam rückt Bishop mit seinen Problemen heraus, schließlich sitzt ihm sein Fußballgott gegenüber. Vor mehr als 25 Jahren hat er seine erste Frau Lily (Stephanie Bishop) und die Tochter Sam (Lucy-Jo Hudson) verlassen, was immer mehr an ihm nagt. Während er mit Sam noch Kontakt hat und auch manchmal auf seine Enkeltochter Daisy aufpasst, hat er Lily seit damals nicht mehr gesehen. Nun soll er sich mit Lily für einige Woche die Beaufsichtigung von Daisy teilen und er fürchtet sich davor, seiner Ex-Frau wieder gegenüber zu stehen. Aber Cantona weiß Rat.

Die Eleganz, die er in den immer wieder eingeblendeten Szenen aus Fußballspielen der 90er Jahre zeigt, lässt Cantona als Schauspieler vermissen. Dafür strahlt er eine Art von Ruhe aus, die ihn als Ratgeber für seinen Namensvetter sehr glaubwürdig macht. Er lehrt ihn Vertrauen in sich selbst, in seine Freunde. Diese Ratschläge befähigen Eric dazu, langsam wieder in die Spur zu finden und trotz immer neu auftauchender Schwierigkeiten nicht den Mut zu verlieren.

Die Szenen mit den Postler-Freunden bringen einiges an Humor in den Film, der aber auch nicht mit Kritik spart, sei es an You-Tube-Auswüchsen oder an kapitalistischen Zuständen im Profi-Fußball. Für einen Ken-Loach-Film ist diese Kritik aber sehr gemäßigt. Loach bleibt natürlich auch hier auf der Seite der kleinen Leute, die zeigen dürfen, dass sie, wenn sie nur zusammenhalten, auch mit einem übermächtigen Gegner fertig werden können.

Bilder: www.looking-for-eric.de

 

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