asdf
 

Als er noch total unbekannt war

FILMKRITIK / LIKE A COMPLETE UNKNOWN

05/03/25 Egal ob es sich um Legenden der klassischen Musik (Maestro über Leonard Bernstein, Maria über Maria Callas) oder um Pop-Stars der jüngeren Vergangenheit (Back to Black über Amy Winehouse, Better Man über Robbie Williams) handelt: Musiker-Biopics werden in Hollywood gerade am Fließband produziert.

Von Andreas Öttl

Biopics versprechen aufgrund des bereits vorhandenen Zielpublikums und der damit verbundenen guten Vermarktungsmöglichkeiten sichere Einnahmen an der Kinokasse. Nur selten kommt dabei in filmischer Hinsicht etwas Eigenständiges bzw. künstlerisch Wertvolles heraus. Todd Haynes gelang dies etwa 2007 mit seinem experimentellen Bob Dylan Film I’m Not There, in dem er den ikonischen Musiker in fünf verschiedenen Lebensphasen, dargestellt von fünf verschiedenen Schauspielern – darunter auch Cate Blanchett – porträtierte.

Von dem eher als solider Handwerker bekannten Regisseur James Mangold (neben dem unter anderem in Salzburg gedrehten Sommer-Blockbuster Knight & Day auch bekannt für den durchaus gelungenen Johnny Cash-Porträt Walk the Line) durfte man keine Extravaganzen dieser Art erwarten und es überrascht daher nicht, dass sein Film über Bob Dylan ein recht konventionelles Biopic geworden ist. Dieses hat aber zumindest einen gewissen Unterhaltungswert und ist nicht zuletzt aufgrund der Besetzung imstande, ein neues, jüngeres Publikum für Dylan und seine Musik zu gewinnen.

Die Handlung von Like a Complete Unknown spielt in der New Yorker Musikszene der frühen 1960er Jahre und verfolgt den kometenhaften Aufstieg des 19jährigen Dylan vom Folksänger in kleinen Clubs bis an die Spitze der Charts. Seine Songs und seine Persönlichkeit werden zu einer weltweiten Sensation und gipfeln in seinem bahnbrechenden Auftritt auf dem Newport Folk Festival 1965, wo er erstmalig zur Elektrogitarre greift und damit auch für Kontroversen sorgt.

Ob ein Film dieser Art zumindest die Illusion von Authentizität herzustellen vermag, liegt neben der Ausstattung vor allem an den Darstellern der porträtierten Personen. Das liebevolle Production Design sowie die Kostüme vermitteln ein wunderbares Gefühl für die Atmosphäre im Greenwich Village der frühen 1960er Jahre. Und anders als dies viele vorab erwartet hatten, gelingt es Timothée Chalamet hervorragend, den jungen Bob Dylan nicht nur zu spielen, sondern so komplett zu verkörpern, dass man als Zuseher beinahe vergisst, dass dieser im Moment allgegenwärtige Schaupieler alles andere als ein Complete Unknown ist.

Puristen mögen sich dennoch daran stoßen, dass die Songs, die er im Film selbst singt, im Vergleich zum Original etwas zu schön klingen. Im Film wirkt dies insofern stimmig, als dass sich dies in den etwas glattgebügelten Gesamteindruck einfügt.

Obwohl bei Timothée Chalamet vor allem gegen Ende des Streifens, als der Konflikt mit den Verfechtern traditioneller Folk-Musik in den Vordergrund tritt, gelegentlich durchaus der angry young man durchkommt, wirkt das Ergebnis insgesamt etwas zu brav für einen Film über einen Künstler, der für Konfrontation und Gegenkultur stand und immer noch steht. Dunkle Seiten werden lediglich in der Beziehung zu den Frauen in seinem Leben angedeutet. Obwohl diese an sich sehr interessanten Frauenfiguren hauptsächlich Projektionsflächen bleiben, gelingt es den Darstellerinnen (großartig als Joan Baez: Monica Barbaro, berührend als Sylvie Russo: Elle Fanning), für die emotionalen Höhepunkte im Portrait eines oft als kühl und unnahbar wahrgenommen Ausnahmekünstlers zu sorgen.

Bilder: www.searchlightpictures.com

 

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014