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Achttausend Mal rauf auf den Turm

HINTERGRUND / ARNSDORF / TURMUHR

26/03/21 Immer, wenn an der Zeit gedreht wird – in der Nacht auf Sonntag (28.3.) ist es wieder so wei – schlägt die Stunde von Michael Neureiter. Er kennt jede historische Turmuhr im Land, viele hat er restauriert und betreut sie regelmäßig.

Zur historischen Turmuhr aus dem Jahr 1687 in der Wallfahrtskirche Maria im Mösl hat Neureiter (im Bild links unten) eine nette Geschichte parat: Franz Xaver Gruber, Komponist des Stille-Nacht, war von 1807 bis 1829 Lehrer, Organist und Mesner in Arnsdorf. Da war eine seiner Aufgaben, das Uhrwerk aufzuziehen. „Er wird dazu den Turm insgesamt etwa achttausend Mal bestiegen und die (erhaltene) Kurbel etwa 3,5 Millionen Mal gedreht haben“, rechnet Michael Neureiter vor. Er weiß, wovon er spricht: „Der Aufstieg und das Aufziehen der drei ca. 60 kg schweren Gewichte waren ein tägliches Konditionstraining.“

Die Turmuhr wurde nun komplett restauriert und kann auch wieder vorgeführt werden. „Beim bevorstehenden Jubiläumsfest (500 Jahre Kirchweih) am 30. Mai wird das Uhrwerk auch in Betrieb und zugänglich sein – zum Erleben und zum Begreifen“, kündigt Neureiter an.

Das Uhrwerk wurde im Jahre 1687 vom Salzburger Groß- und Kleinuhrmacher Jeremias Sauter erbaut, der im Jahr 1683 die neue Uhr für den Salzburger Dom baute und 1707 das Werk des Salzburger Glockenspiels fertigstellte. Der Meister hatte seine Werkstatt im Michaelstor (heute Mozartplatz). Auf dem Uhrwerk thront ein Löwe, ein Markenzeichen von Sauter. Dieser Löwe ist auch in Mühldorf am Inn und in Seeham zu finden.

Die Zeit wurde optisch auf vier Zifferblättern (drei am Turm und eines im Orgelprospekt) und akustisch mit Schlägen auf zwei Glocken angezeigt. Der Salzburger Großuhrmacher Johann Bentele sen. überarbeitete 1781 das Uhrwerk und fügte unter anderem einen „englischen Perpendickel, 4 neue Räder, 3 Drieb, Angger samt Spindel und Gabel und auch etliche Klöben und Gabeln“ dazu oder machte diese neu, so „dass solche noch sehr lang dauern und recht gute Dienste machen würde“. Die Sache hat wirklich lang funktioniert, erst Ende der 1960er Jahre wurde das alte Werk von einer elektrischen Uhr abgelöst.

Die Restaurierung der Turmuhr war eine der letzten Maßnahmen der Generalrenovierung der Wallfahrtskirche „Maria im Mösl“ in Arnsdorf: Die Arbeit wurde an den passionierten Spezialisten für alte Uhren, Michael Neureiter („horologium“), vergeben. Es war schließlich eine Gemeinschaftsarbeit mit den lokalen und mit Arnsdorf sehr verbundenen Uhrmachern Franz Kaserer und Eduard Fersterer. Ende September 2020 wurde das Uhrwerk komplett zerlegt und abgebaut. Danach wurden alle Teile gründlich und behutsam händisch gereinigt und die Oberflächen mit einem Spezialwachs gesichert. Seit Mitte März ist das Wunderding in der inzwischen ebenfalls restaurierten Uhrkammer im Turm, also an originaler Stelle, wieder aufgebaut. „Ein Demonstrationsbetrieb des Werkes ist seither jederzeit möglich“, freut sich Neureiter. „Mit Hilfe dieser – natürlich mit dem Denkmalamt abgestimmten und durch Fachexpertise und Leidenschaft bewerkstelligten – Restaurierung konnte ein wertvolles Monument historischer Zeitmessung für die Nachwelt erhalten werden.“ (Horologium)

Bilder: Horologium / Chris Hofer

 

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