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In einer dunklen Zeit

HINTERGRUND / GOLDEGG

10/05/22 „Ein ganz normaler Ort in der 'Ostmark'?“ Eine Gemeinde müsse sich auch den dunklen Phasen der eigenen Geschichte stellen, heißt es in einer Presseaussendung des Kulturvereins Schloss Goldegg. Zur umstrittenenen Goldegger Gemeindechronik ist nun ein Ergänzungsband erschienen. Jeder Haushalt in Goldegg erhält ein Exemplar.

Von Reinhard Kriechbaum

Das einschneidendste Ereignis in der NS-Zeit war der sogenannte „Sturm auf Goldegg“ in den Morgenstunden des 2. Juli 1944. Der Regimegegner Karl Rupitsch hatte 1943 den Einberufungsbefehl ignoriert und war untergetaucht. Bei Bauern und Freunden fand er vorerst Unterschlupf. Im Laufe der nächsten Monate konnte er einige Fronturlauber überreden, es ihm gleichzutun. Die Deserteure hielten sich bei befreundeten Bauern in Taxenbach, Dienten und Goldegg-Weng sowie auf umliegenden Almen auf. Mit Nahrung und Kleidung wurden sie von der Wenger Dorfgemeinschaft versorgt. Die Solidarität mussten viele im KZ büßen. Schließlich gab SS-Obergruppenführer Ernst Kaltenbrunner den Befehl an die Gestapo Salzburg durchzugreifen. In der Nacht vom 1. auf den 2. Juli 1944 machten siebzig Gestapobeamte, unterstützt von tausend Mann von der Waffen-SS aus Hallein, Jagd auf die sechs Deserteure und ihre Helfer und Helferinnen. Zwei unbeteiligte Bauernsöhne wurden dabei meuchlings erschossen. Ein Deserteur fiel im Kugelhagel. Bei einer zweiten Verhaftungswelle wurden ca. 50 Personen verhaftet, 25 davon nach Verhören und Folterungen in verschiedene KZ verbracht. Insgesamt forderte diese Tragödie vierzehn Todesopfer

Die Darstellung dieser Ära in der Gemeindechronik aus dem Jahr 2008 entspricht nicht den Anforderungen einer wissenschaftlich fundierten Arbeit. Da werden die Fahnenflüchtigen vom Böndlsee gar noch als „Gefährliche Landpage“ bezeichnet! Es hat viele Jahre der Kritik gebraucht, bis die Gemeindevertretung 2018 den Beschluss fasste, eine Überarbeitung, Neufassung und Ergänzung zur NS-Zeit durch einen ortsunabhängigen Historiker erstellen zu lassen und diese zu veröffentlichen. Mit Johannes Hofinger wurde ein anerkannter externer Wissenschaftler beauftragt, das Thema aufzuarbeiten und zeitgemäß zu bewerten.

„Die Ereignisse in dr NS-Zeit gehören zur Geschichte unseres Ortes, wir können sie nicht ungeschehen machen, müssen aber versuchen, sie bestmöglich aufzuarbeiten“, heißt es jetzt. Die neue Broschüre ist mehr als siebzig Seiten stark und hat 35 Abbildungen. Die Quellen sind aufgelistet und die historisch belastete Zeit von 1933 bis 1945 zusammenfassend beurteilt. Goldegg im Nationalsozialismus. Ein ganz normaler Ort in der 'Ostmark'? erscheint in der Reihe des Salzburger Landesarchivs. Dessen Leiter Oskar Dohle, der Historiker Johannes Hofinger und der Goldegger Bürgermeister Hannes Rainer präsentieren das Buch morgen Mittwoch (11.5.)..

Präsentation und Gespräch am Mittwoch (11.5.) um 19 Uhr im Schloss Goldegg – www.schlossgoldegg.at

 

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