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Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann?

FEUILLETON / SALZBURGER FREILICHTMUSEUM

10/06/22 Wir wollen ein kleines Geheimnis verraten: Nicht nur rund um Neujahr soll das Berühren der blankpolierten Messingknöpfe auf der sonst ruß-schwarzen Arbeitskluft der Rauchfangkehrer Glück bringen. Am kommenden Sonntag (12.6.) ist im Salzburger Freilichtmuseum die Chance dafür hoch.

Von Reinhard Kriechbaum

Warum wir zeitlich ausscheren und von den Rauchfangkehrern erzählen, die sonst eher als Neujahrsgratulanten zu Ehren kommen? Im Freilichtmuseum ist ein Fest der Salzburger Rauchfangkehrer:innen angesagt: „Die historischen Häuser im Museum sind die passende Umgebung, um die traditionellen Techniken, die 2019 in das österreichische Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurden, zu präsentieren: Beschliefen, Kehren, Patschokieren“, erklärt man dazu. Einblicke gibt es aber nicht nur in das traditionelle Rauchfangkehrer-Handwerk. Auch über verwandte Handwerke, wie die des Hafners, kann man an dem Tag Aufschlussreiches erfahren.

Es fällt uns das Fangenspiel Wer fürchtet sich vorm schwarzen Mann? ein. Da geht’s nicht um die Angst vor Menschen mit dunkler Hautfarbe – und um den Rauchfangkehrer auch nicht. Hinter dem Schwarzen Mann steckt, wie sich Kulturhistoriker ziemlich einig sind, der Schwarze Tod, die Pest.

Der Rauchfangkehrer waren nicht von Anfang an Glücksbringer. Entsprechend der Ruß-Schwärze setzte man ihn dem Teufel gleich. Es gibt Zeichnungen und Gemälde, auf denen der Teufel als Rauchfangkehrer mit Hörnern und Hufen dargestellt ist. Zwar traute man dem Rauchfangkehrer die Fähigkeit zu, Geister zu bannen – aber angeblich tat er es mit Hilfe des Teufels. Die Berufsgruppe schritt zur ideologischen Gegenwehr: Zu Neujahr kamen die Gesellen ins Haus, überbrachten die Jahresrechnung und verbanden dies mit den besten Glückwünschen. Das war bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts noch so. Bald überreichten die Rauchfangkehrer zu diesem Anlass auch ein Kalenderblatt, das meist an markanter Stelle in der Wohnung angebracht wurde und ein wichtiger Begleiter das ganze folgende Jahr hindurch war. Die Figur des Schornsteinfegers war endgültig zum Glücksbringer mutiert.

Dass es ein Glück war, wenn der Schornsteinfeger aufs Dach stieg und die an einem Seil hängende Kugel durch den Kamin fallen ließ, war sowieso keine Frage. Ein verstopfter Schlot bedeutete nicht nur für die Bewohner die Gefahr einer Rauchgasvergiftung. Von den vielen Bränden gerade in Städten zeugt nicht zuletzt der Umstand, dass in kaum einer katholischen Kirche die Figur des heiligen Florian fehlt – jenes Heiligen, der aus seinem Schaff einen Wasserschwall über ein lichterloh brennendes kleines Gebäude gießt. Häuser aus Holz oder Fachwerk, Dachdeckung mit Stroh oder Holzschindeln – da kann man sich die ständig lauernde Gefahr ausmalen. Mit gutem Grund haben die Städte schon im Mittelalter Feuerlöschordnungen erlassen. Die ältesten stammen aus dem 13. Jahrhundert, aus Augsburg und Lübeck (1276), Wien (1278), oder Flensburg (1284).

In periodischen Abständen wurden Städte von bedrohlichen Bränden heimgesucht. Nehmen wir Passau als Beispiel. 846 und 1132 werden die ersten Stadtbrände erwähnt, 1181 brannte neben einem großen Teil der Stadt auch der Dom nieder. 1299 reagierte man auf ein Feuer, indem man auf Brandstiftung und Fahrlässigkeit drakonische Strafen verhängte. 1508 brannte es in der Stadt und 1512 schon wieder (da wurden dreihundert Häuser zerstört). Der beispiellose Stadtbrand von 1662 fraß 890 Gebäude und kostete zweihundert Menschen das Leben. Noch bevor die Stadt wieder vollständig aufgebaut war, kam es 1680 zu einem weiteren Stadtbrand, der wieder die Altstadt betraf.

Ähnlich schauen die Chroniken der meisten Städte aus. Gut also, wenn ein Schornsteinfeger als Fachmann ehzeitig zur Stelle war. Kein Wunder, dass es nach abergläubischer Meinung Glück brachte, ihn oder einen Knopf seines Arbeitsgewandes zu berühren.

In Italien war man etwas früher dran mit gemauerten Schornsteinen (14. Jhdt.) als hierzulande (ab dem 15. Jhdt.). In manchen Feuerordnungen wurde das regelmäßige Kehren der Schornsteine zwingend vorgeschrieben. Aus Italien kamen auch wandernde Schornsteinfeger über die Alpen.Die Stadt Breslau verkündete 1578 eine „Neuaufgerichtete Feuerordnung“ und erließ geregelte Kehrbezirke für die ortsansässigen Schornsteinfeger, die damit auch viel Verantwortung übertragen bekamen: Solche Rayons waren bis in die unmittelbare Gegenwart üblich. Erst seit wenigen Jahren können Rauchfangkehrerunternehmen auf dem freien Markt in Konkurrenz treten.

Weil sich die Innung der Salzburger Rauchfangkehrer schon im Salzburger Freilichtmuseum präsentiert, wollen wir auch an den Bachöbuschn erinnern. Am Bachltag (so hieß im Pinzgau der 24. Dezember) haben Bauern Reisig an einer Stange oder an einem Strick durch den Kamin gezogen: Das gehörte wohl auch zum Putzen vor der Raunacht. Das Ende der Rauchkuchl hat dem Brauch ein Ende gemacht, aber durch manchen Rauchkuchl-Kamin der Häuser im Salzburger Freilichtmuseum könnte einst wohl ein solcher Bachöbuschn gezogen worden sein.

Fest der Rauchfangkehrer:innen – am Sonntag (12.6.) von 9 bis 17 Uhr im Salzburger Freilichtmuseum – www.rauchfangkehrer-innung.at www.freilichtmuseum.com
Bilder: Stills aus einem Film der Salzburger Rauchfangkehrerinnung

 

 

 

 

 

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