Ganz Ohr fürs Schaf

HINTERGRUND / TAURISKA

22/08/22 Wie man ausgerechnet aufs Schaf gekommen ist für ein auch mit EU-Geldern finanziertes Projekt? „Ein kleines Moarch-Büchlein war Anlass für dieses Projekt“, berichten Christian Vötter und Susanna Vötter-Dankl vom Kulturverein „Tauriska“ in einer Presseaussendung zum Abschluss des Jahres-Schwerpunkts SchafOhrMarke.

Von Reinhard Kriechbaum

Moarch-Büchlein? Da haben wir gleich mal Google zu Rate gezogen. Nein, wir meinten wirklich Moarch, nicht Monarch, wie die Suchmaschine argwöhnt. Das Österreichische Wörterbuch liefert ein plausibles Ergebnis: Moarch ist das Dialektwort für die Ohreinritzungen, anhand derer die Schafbauern ihre Tiere auseinander halten konnten.

Besagtes Moarch-Büchlein gehörte der Volkskundlerin Ilka Peter (1903-1999). Sie hat nicht nur Aufzeichnungen zum Pinzgauer Tresterertanz gemacht, sondern war vielseitig interessiert. Der Gaßlbrauch – das „Fensterln“ – hat sie genau so unter die Lupe genommen wie das Ranggeln oder den Salzburger Fackeltanz. Und von 1930 bis 1968 hat sie immer wieder Schafbauern zwischen Niedernsill und Saalfelden besucht und mit Schäfern Gespräche geführt. Vieles von ihren Aufzeichnungen ist verloren gegangen, als Ilka Peter dann nach Wien übersiedelte. Aber dieses eine Büchlein und einige Seiten ihrer wissenschaftlichen Arbeit gelangte in den Besitz von Lukas H. Schmiderer in Zell am See. Der hat es dem Verein Tauriska zur Verfügung gestellt.

„Daraus entwickelten wir das EU-Projekt SchafOhrMarke mit der Leaderregion Nationalpark Hohe Tauern“, erzählen Christian und Susanna Dankl. „Während des Projektes hofften wir, dass auch im Oberpinzgau ein solches Büchlein auftauchen würde.“ Und tatsächlich: Anfang August 2022 meldete sich Katharina Kirchner vom Puckenlaibbauern in Mühlbach/Bramberg und sterllte für die letzten Wochen der Ausstellung ihr Moarch-Büchlein zurt Verfügung.

Ein Veranstaltungsjahr rund ums Schaf also, was insofern gut ins Tauriska-Konzept passt, als man ja speziell ursprüngliche bäuerliche Praktiken und Lebensweisen dem Vergessen entreißen will. So hat man in den vergangenen Jahren bei Tauriska auch viel in Sachen Obstbau unternommen, etwa der Dokumentation und Kultivierung von alten Apfelsorten. Die Themen werden da immer so umfassend wie nur möglich gefasst.

In Sachen SchafOhrMarke waren 28 Künstler, Wissenschafter, Fachreferenten und Gesprächspartner eingebunden. Man hat mit der Landwirtschaftlichen Schule in Bruck zusammengearbeitet und Filme gedreht. Ein Kunstprojekt, eine Rauminstallation mit Wollfäden, hat erst kürzlich Karl Hartwig Kaltner beigesteuert. Zwei junge Frauen aus der Landjugendgruppe Saalfelden, Katharina Fritzenwanker und Andrea Stöckl, haben die Broschüre Haarschaf – Komme was WOLLE, wir SCHAFen das publiziert.

Zurück nochmal zum Moarch: Ein Schäfer hat sommersüber oft bis zu vierhundert Schafe von vierzig bis fünfzig Bauern betreuen. Die musste man nach Almabtrieb natürlich wieder den richtigen Besitzern zuordnen. Heute rizt man nichts mehr ins Ohr ein, sondern die Tiere bekommen Plastik-Ohrmarken mit zwölfstelligen Zahlen.

Die Ausstellung SchafOhrMarke (im Kammerlanderstall) kann man auch als Online-Rundgang anschauen – www.tauriska.at
Bilder: Tauriska / Margit Gantner (1); Herwig Kaltner (1)
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