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Zur Meldung Mit Cremoneser Meistergeigen ganz intim (6.2.)

06/02/20 Mozartwettbewerb für Violine: Was für eine gute Gelegenheit junge Musikerinnen und Musiker mit den selben oder ähnlichen Werken kennen zu lernen und vergleichen zu können. Ich habe mir die erste Runde komplett, die zweite am Vormittag live und den Nachmittag im Live-Stream und natürlich das Finale im Großen Saal des Mozarteums angehört. Aber wo waren die Studenten? Keine zehn habe ich gesichtet und die wenigen wohl nur bei ihren Freunden und nicht bei deren Konkurrenz. Man könnte so viel lernen!
Die großartigen, geradezu vorbildlichen Interpretationen der Violinsonaten Mozarts von Benjamin Schmid und Ariane Haering 2006 sind mir unvergesslich. Die CD dokumentiert deren wunderbare Dialoge und lebendiges, empfindsames Musizieren. Und jetzt wählt diese Jury unter Vorsitz von Benjamin Schmid die Italienerin Clarissa Bevilacqua zur besten Mozart-Interpretin dieses Wettbewerbs. Wie ist das möglich?
Ich empfand schon in der ersten Runde Yun Tang als eine herausragende Musikerin, die Mozart, Bach, Paganini sehr lebendig und tonschön spielte, besser als alle anderen. In der zweiten Runde konnte man dann den direkten Vergleich mit Mozarts Duo für Violine und Viola KV423 verfolgen: Yun Tang mit wunderbar variablem Ton, keine Phrase beiläufig, singend, atmend, die Musik geradezu als Dialog zweier Menschen erlebt. Man höre sich den Vergleich insbesondere des Adagios an Clarissa Bevilacqua eher konventionell, ohne vergleichbares Atmen, manches eher beiläuftig. Die Unterschiede vielleicht noch deutlicher im Rondo. Bevilacqua bei weitem nicht so lebendig und differenziert wie Yun Tang. Dann konnte man von Yun Tang noch zwei sehr empfindsam interpretierte Sätze aus Dvoraks Violinkonzert hören. Ein wahrer, berührender Genuss! Im Vergleich dazu die Symphonie Espagnole von Bevilacqua vor allem mit viel Kraft und großem Ton auf dem schönen Instrument. Leider viel etudenhaftes, wenig Musik.
Und dann das große Finale! Yun Tang wieder sehr einfühlsam, gesanglich, herrliche Kadenzen und vor allem Übergänge. Der Vergleich der ersten Töne bis zum schnellen Teil, und auch dort beeindruckend. Dann die ungemein vielen unsauberen Töne bei Bevilacqua. Im Saal noch viel störender als im Live-Stream. Die Tongebung stellenweise eher für Tschaikowsky als Mozart. Der Beginn des langsamen Satzes sehr eigenwillig, für mich unpassend. Warum also bekommt Bevilacqua den Ersten, Preis, gar den Preis für die beste Mozart-Interpretation und den Publikumspreis? Es scheint mehr Mainstream, mehr optische Wirkung zu zählen als echte Musikalität. Bevilacqua mit großer Geste, das Publikum mit freundlichen Blicken einnehmend und, ja auch mit ihrer Schönheit. Yun Tang mit geschlossenen Augen, ganz auf die Musik konzentriert, wenig Kontakt mit dem Publikum suchend. Leider hat sie für das Finale das unvorteilhafteste ihrer drei Kleider gewählt. Aber wir sind doch hier bei keinem Schönheitswettbewerb sondern beim Mozartwettbewerb!
Beide Damen werden übrigens vom Jury-Mitglied Pierre Amoyal am Mozarteum unterrichtet, der Träger des dritten Preises (Lorenz Karls, noch sehr jung und m. E. von den geforderten Werken musikalisch überfordert) vom Jury-Vorsitzenden Benjamin Schmid. Der Träger des Preises für die beste Interpretation des Auftragswerkes, der Däne Adam Koch Christensen hat einen wunderbaren langsamen Satz von Beethovens Violinkonzert gespielt und wäre für mich ein Kandidat fürs Finale gewesen, ebenso wie die feinfühlige Mozart-Interpretin Kaori Furusawa aus Japan.
Ich wünsche Yun Tang, dass es ihr so ergeht wie 1999 Diana Damrau: Auch sie erhielt nur den zweiten Preis und zählt für mich zu den lebendigsten, musikalischsten Sängerinnen der Gegenwart mit einer entsprechenden Karriere.
Viktor Gartner

 

 

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