Maria Möst und Wunder Fritz

BUCHBESRPECHUNG / VON AGNES BIS ZUBIN

20/19/12 Eine Wolke krauser schwarzer Locken kräuselt sich energiegeladen über Mozarts Geburtshaus. Rolando Villazón is in town. Dessen zweite Mozartwoche mit „Mozart only“ steigt bald nach Weihnachten: Dass unter diesem Intendanten mexikanische Mariachi mit ihren Gitarrenkoffern antanzen und die Mozartwoche zur Loteria Mozartiana aufgemotzt werden musste, wird spätstens bei Betrachtung des launigen Porträts von Maroine Dib klar.

Von Heidemarie Klabacher

52 solcher schräger Vögelinnen und Vögel hat der syrisch-stämmige Karikaturist und Zeichner, Bühnebildner und Architekt Maroine Dib in gestochen scharfe, holzschnittartige und popart-farbige Bilder gerissen. Horst Erwin Reischenböck, schöpfend aus dem unerschöpflichen Fundus seines musikalischen Wissens, hat die Texte dazu geliefert.

„Salzburger Lieblinge“ von gestern, wie etwa Fritz Wunderlich, Mirella Freni oder Lotte Lehmann, stehen vornamen-alphabetisch in bunter Reihe mit „Salzburger Lieblingen“ von heute, wie etwa Teodor Currentzis, Cecilia Bartoli oder Anna Netrebko. Überzeitliche Überlieblinge wie Arturo Toscanini, Herbert von Karajan oder Daniel Barenboim sind auch dabei. Vor Johann Nikolaus Graf de la Fontaine und d'Harnoncourt-Unverzagt, verneigen sich Zeichner (das Glubschauge im Auge) und Autor natürlich mit gebotener Erherbietung. Die Rede ist von den eindrucksvollen Ekrenntnisen, die Harnoncourt vermittelte: „So betreffs des unvollendeten („en“ streichen?) hinerlassenen Finales von Josef Anton Bruckners Neunter“.

Tatsächlich ist das Büchlein mehr als ein musikalischer Spass in Bild und Wort: Die locker, da und dort stilistisch fast gar ein wenig flappsig, hingeschriebenen Informationen zu den jeweiligen Großen ihrer jeweiligen Tage, ergeben eine wohl zufällige, aber gehaltvolle kleine Musik- und Interpreten-Geschichte der Salzburger Festspiele. Der Atem der Geschichte weht herüber, wenn davon die Rede ist, wie weiland Lotte Lehmann „der anspruchsvollen Ozean-Arie von Rezia aus Carl Maria von Webers selten gespieltem Oberon … die ihr eigenejugendliche Erotik“ eingehaucht hat. Was die Lehmann zu ihrem mehr als pausbäckigen Konterfei unter Trachtenhütchen gesagt hätte?

Mit geradezu klingend anschaulichen Porträts vertreten sind etwa die hitparaden-stürmende Blockflöten-Virtuousin Dorothee Oberlinger, die ihre Karriere senkrecht-startende Dirigentin Mirga-Gražinyté-Tyla oder die Geigerin Patricia Kopatschinskaja, die wirklich immer ein wild zusammengeschneidertes rotes Kleid – Nahten nach außen – trägt. Martin Grubinger, vom Autor des Büchleins in seiner Funkion als Musikkritiker, erst dieser Tage hymnisch bejubelt als Solist im aktuellen Kulturvereinigungs-Zyklus, hält sein lauschendes Ohr aufmerksam über die Marimba. Das Temperament von Teodor Currentzis, des Sibiriaken aus Griechenland, ist ebenfalls schier zu greifen. Cecila Bartoli tritt dieser Tage wegen der Farinelli-CD und dem Genderthema zwar gerne mit Bart auf, von dem Maroine Dib noch nichts wissen konnte. Aber auch ohne Bart zeigen sich in Wort und Bild Kompetenz und Temperatment und La Bartoli di Roma.

Andreas Vogl (Hg.): Von Agnes bis Zubin. 52 Musikalische Portraits von Salzburger Lieblingen persönlich betrachtet von Horst Erwin Reischenböck bildlich festgehalten von Maroine Dib. edition MHM, Salzburg 2019.