Auch ein „Altruist des Zeitgenössischen“

LANDESMANM / HARB / OHNE DIE MUSIK WÄRE DAS LEBEN EIN IRRTUM

03/03/11 „Schnell entstand aus der Arbeitsbeziehung zu den Cerhas eine tiefe Freundschaft. Ich spürte instinktiv, dass Friedrich Cerha ein wichtiger, bedeutender Komponist ist.“ Das diktierte Hans Landesmann Karl Harb in die Feder. Im Rahmen der Salzburg Biennale - einem der vielen Festivals, die auf Hans Landesmann zurückgehen - erhält besagter“ Friedrich Cerha den Musikpreis Salzburg.

Von Heidemarie Klabacher

Landesmann erzählt in seinem Buch - das für jeden an zeitgenössischer Musikgeschichte Interessierten schon am Erscheinungstag unverzichtbar geworden ist, wie er immer wieder versucht habe, für Aufführungen Cerha'scher Werke einzutreten: „Ich denke, da wäre so etwas wie eine vergessene oder übersehene Avantgarde zu entdecken, ein stiller Neuerer, der zugleich wunderbar vielseitig und überraschend sein kann.“

Große Cerha-Werke, wie etwa der Orchesterzyklus „Spiegel“, haben es auch auf das Biennale-Programm nicht gebracht. Friedrich Cerha ist - wie auch Michael Gielen, Dieter Schnebel und Thomas Kessler - in der Reihe „Zoom“ je ein Schwerpunkt gewidmet. Wobei der Cerha-„Zoom“ mit ein paar Kammermusikwerken ein wenig bemüht um die Musikpreis-Verleihung herum arrangiert wirkt. Hans Landesmann wird schon recht haben:

„Jedenfalls war Friedrich Cerha lange Zeit als Dirigent und Vermittler zeitgenössischer Musik wesentlich bekannter denn als Komponist: ein Altruist des Zeitgenössischen wie György Ligeti oder Harrison Birthwistle bis zu den Jungen wie Gerd Kühr, Johannes Maria Staud oder Georg Friedrich Haas, die er unermüdlich förderte, stets wesentlich ertragreicher als für das eigene Werk, das er als Interpret nie ungebührlich forcierte.“

Einzelne Komponisten und Interpreten, Freunde und Wegbleiter, charakterisiert Hans Landesmann mit großer Zurückhaltung und doch großer Eindrücklichkeit. Die "Causa" András Schiff etwa, der während der Zeit der Schwarz-Blauen Regierung keine Engagements in Österreich annehmen wollte, wird von Landesmann noch einmal behutsam und sachlich aufgerollt. Kindheit und Jugend des Hans Landesmann ergäben durchaus spannende Kapitel in einem Roman, wie etwa Michael Köhlmeiers „Abendland“. Landesmann/Harb beschränken sich auf knappe Berichterstattung.

In unserer Familie haben wir nie systematisch Ahnenforschung betrieben. Doch ich weiß zumindest, dass unsere Vorfahren aus Mähren stammen und von dort nach Nordostungarn einwanderten, wo es eine traditionell sehr starke jüdische Gemeinde gab. Mein Großvater, Marc Landesmann, betrieb einen Viehhandel.“

Mit der noch immer sehr jungen Geschichte der „Salzburg Biennale“ kehrte Hans Landesmann, der wie kein zweiter den Konzertbereich der Salzburger Festspiele geprägt hat, nach Salzburg zurück. Dass seine Wege nach den Wiener Festwochen wieder nach Salzburg zurückführen würden, sei nicht geplant gewesen:

„Obwohl: Meine Verankerung in dieser Stadt war und ist ziemlich fest. Ich arbeite im Kuratorium der Internationalen Stiftung Mozarteum, ich bin den Freunden der Salzburger Festspiele verbunden, und ich finde es immer wieder erstaunlich, welch reichhaltiges pulsierendes Kulturleben in einer so kleinen Stadt möglich ist.“

Hans Landesmann, geboren 1932 in Wien, wuchs in Wien und zwischen 1938 und 1945 in Budapest auf. 1957 Eintritt in den Familienbetrieb (Viehgroßhandel). 1977 Generalsekretär des Wiener Konzerthauses, Leitungsfunktionen bei den berühmtesten Festivals der Welt, zuletzt Gründer und Leiter der Salzburg Biennale. Karl Harb, geboren 1954 in Graz, ist Kulturredakteur der Salzburger Nachrichten mit Schwerpunkt Musik.

Hans Landesmann, Karl Harb: Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum. Erinnerungen. Zsolnay Verlag, Wien 2011. 208 Seiten, 20,50 Euro.
Buchpräsentation und Lesung: Freitag (4.3.), 16 Uhr, Stefan Zweig Centre Salzburg. Veranstalter ist das Stefan Zweig Centre.
Bild: Heribert Corn / Zsolnay Verlag