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BUCHBESPRECHUNG / LEITFADEN FÜR EINEN GERECHTEN SPRACHGEBRAUCH

08/03/13 Darf man heutzutage überhaupt noch deklinieren, also ein Hauptwort in seine Fälle „beugen“? Das klingt erstens gewalttätig – und zweitens bevormundet es weibliche Substantive mit dem männlichen Artikel. Plötzlich ist die Rede von „der Stellung DER Frau“. Das mag grammatikalisch korrekt sein, aber politisch? Man sollte das Deutsche noch viel schärfer in den Blick nehmen.

Von Heidemarie Klabacher

Warum aber so viele Frauen geradezu versessen darauf sind, auf ein großes dürres „I“ im Inneren eines Wortes reduziert zu werden, wissen die Göttinnen und Götter. Das „Binnen-I“ ist erstens diskriminierend (nicht alle Frauen sind spindeldürr) und zweitens sprachlich grauslich.

In diesem Medium etwa gibt es kein „Binnen-I“. Da ist die Chefredakteurin vor. Neben den Inhalten geht es schon auch um die Qualität der Sprache, in der sie vermittelt werden. Mark Twain hin, Parenthesenkrankheit her: Viele gute Bücher werden und wurden auf Deutsch geschrieben.

Auch die Universität Salzburg will mit ihrem „Leitfaden für einen gerechten Sprachgebrauch“ den ärgsten Auswüchsen des „Genderischen“ wehren. Dieser Leitfaden ist eine einfach geheftete, gerade einmal 15 Seiten starke Handreichung. Die unbestrittene Notwendigkeit, Frauen und ihre Leistungen durch eine „symmetrische Benennung der Geschlechter“ sichtbar zu machen, steht im Mittelpunkt. Aber auch Qualität der Sprache oder das Schriftbild werden in den Blick genommen. Das ist wohltuend!

Kurz- oder Doppelformen wie „Akademiker/innen“ oder „Arzt/Ärztin“ werden etwa für den Gebrauch in Formularen, Notizen oder informellen Mitteilungen“ vorgeschlagen. Und selbst da warnt die Redakteurin Bernadette Gotthardt: „Bei der Verwendung von Artikeln muss die Reihenfolge stimmen. Also: ‚der/die Vertragsassistent/in’, NICHT ‚die/der Vertragsassistent/in’. Weiters müssen die Wortteile auch nach Weglassen des Schrägstriches sinnvoll sein. Also NICHT ‚der/die Schularzt/in’ oder der/die SchulärztIn’.

Schön, wohltuend, befreiend, wenn von kompetenter und (was die political correctnes angeht) unverdächtiger Stelle auf solchen Unfug aufmerksam gemacht wird.

Nach dem Weglassen der Endung „Innen“ beim „Binnen-I“ müsse ebenfalls „noch ein korrekter Wortstamm bzw. der Sinn des Satzes bleiben“. Das ist ein wenig verwirrend (vielleicht auch der Kürze wegen nur zu stark vereinfacht formuliert) und funktioniert jedenfalls beim Beispielsatz „Zwanzig StudentInnen besuchten die Lehrveranstaltung“ nicht. Immerhin wird deutlich, dass sinnfreies Kauderwelsch entstehen kann. Gute Alternativen werden vorgeschlagen: „Zwanzig Studierende besuchten die Lehrveranstaltung“ oder „Zwanzig Studentinnen und Studenten besuchten die Lehrveranstaltung“.

Die „vollständige Paarform“ genießt in dem Leitfaden überhaupt großes Ansehen: „Die konsequente Benennung beider Geschlechter ist die übersichtlichste Variante. Wir sprechen nicht von Studenten und Professoren, sondern von Studentinnen und Studenten, Professorinnen und Professoren. Ob nun die Professoren vor den Professorinnen stehen oder umgekehrt, ist eher nebensächlich, wichtig ist es, deutlich zu machen, dass beide Geschlechter gemeint sind. Denn nur so haben wir auch tatsächlich das Bild von männlichen und weiblichen Personen im Kopf.“

Das ist ein wichtiges Anliegen – und sollte allen Schreiberinnen und Schreibern die paar Buchstaben mehr durchaus wert sein. Vor allem sollte die Wichtigkeit des Anliegens nicht durch einen Sprachgebrauch diskreditiert werden, der von sprachlicher Inkompetenz zeugt.

Wenn es mit der vollständigen Paarform auf Dauer allzu mühsam wird (DrehPunktKultur etwa berichtet beim ersten Mal im Artikel von „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern“ und nimmt es dann gelassener), bieten sich geschlechtsneutrale Ausdrücke (Auskunftsperson, Lehrkraft) an. Hier lauert freilich der Korrektheitsvirus, der schon aus den ehemals aufmüpfigen, engagierten oder protestierenden Studenten farblose „Studierende“ gemacht hat.

Da gilt es Anschaulichkeit und Lebendigkeit der Sprache gegen Gender-Korrektheit abzuwägen. Aber natürlich spricht nichts dagegen, statt „Die Studenten müssen nach 8 Semestern fertig sein“ einfach zu sagen „Wer studiert, muss nach 8 Semestern fertig sein“. Ein schützenwertes Sprachkunstwerk ist keiner der beiden Sätze.

Passiv-Konstruktionen können auch helfen, das Geschlecht Geschlecht sein zu lassen: „Im Workshop wurde intensiv diskutiert“ statt „Die Teilnehmer des Workshops diskutierten intensiv“. Auch hier warnt der Leitfaden zurecht davor, „dass ein Text oder Vortrag mit zu vielen Passivkonstruktionen schnell unpersönlich wirken kann“.

Es ist mit der Sprache,wie mit dem Atom: Erst in der Anwendung durch den Menschen kommt es zu Katastrophen und Ungerechtigkeit. Aber, um nochmals auf Mark Twains Pamphlet „Die schreckliche Deutsche Sprache“ zurückzukommen: „Es gibt deutsche Lieder, die einen mit der Sprache nicht Vertrauten zum Weinen bringen können.“ Und Mark Twain ist nicht über „der/die Schularzt/in oder der/die SchulärztIn“ in Tränen ausgebrochen.

Leitfaden für einen gerechten Sprachgebrauch: gendup – Zentrum für Gender Studies und Frauenförderung der Universität Salzburg, Redaktion und Zusammenstellung: Bernadette Gotthardt.
Der Leitfaden zum Download - www.uni-salzburg.at
Bild: Die Grünen