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Mist, Misstrauen, Taubenscheiße

BUCHBESPRECHUNG / MARKOVIĆ / SUPERHELDINNEN

21/07/16 Man nehme eine esoterische Kolumne in der Zeitschrift „Astroblick“, ein rotziges Kind, ein paar Schicksalsblitze, jede Menge Werbesprüche und eine gehörige Portion trockenen Humor – schon hat man das Rezept für Barbi Markovićs Roman „Superheldinnen“. Eine Warnung gleich vorweg: Die Lachmuskeln werden stark beansprucht.

Von Christina König

Wer schon immer wissen wollte, wie moderne Superheldinnen ihre Wochenenden verbringen, der findet in diesem Buch seine Antwort: Drei von ihnen, Mascha, Direktorka und die Ich-Erzählerin, treffen sich jeden Samstagvormittag im Wiener Café Sette Fontane zu „ernsthaften Arbeitssitzungen“, während derer über Facebook gelästert, über Pro und Kontra einer Ernährung nach dem Prinzip der Fünf Elemente diskutiert und nebenbei entschieden wird, welcher ahnungslose Mensch diesmal mit einem Schicksalsblitz oder einer Auslöschung beglückt wird. So heißen die Superkräfte unserer Heldinnen, mit denen sie Leben verändern oder auslöschen können. Über ihre wöchentliche Kolumne in der „Astroblick“ werben sie um Helfer, die ihnen zu einer bestimmten Zeit Energie schicken, dann konzentrieren sie sich – und plötzlich ist der nichtsnutzige Sohn einer Bekannten verschwunden. Aufpassen muss man aber schon, sonst löscht man gleich halb Jugoslawien aus. Ist ja alles schon passiert.

Barbi Marković weiß, wie sie ihre Leser zum Schmunzeln bringt. Originell und herrlich zynisch setzt sie ihnen Heldinnen vor, die weniger das Gemeinwohl im Sinne haben, sondern zuallererst sich selbst helfen wollen.

Geldsorgen haben sie alle, Depressionen eigentlich auch, die eine schmollt, weil es nichts wurde mit ihrer Karriere in der Kunstszene, die andere leidet unter dem Fluch der Tauben, mit dem sie ihre charmante Großmutter eventuell belegt hat. Und der geplante Umzug nach Berlin hat auch nicht geklappt, da lauert ja das böse rotzige Kind, das den Alexanderplatz terrorisiert. Also müssen die drei es sich wohl oder übel in ihrem Unterschicht-Leben einrichten – oder vielleicht doch nicht?

Die Sprache, die Marković verwendet, ist ebenso ungewöhnlich wie ihre Geschichte. Der Roman steckt voller kryptischer Andeutungen, sprunghafter Episoden und – vor allem – Phrasen des öffentlichen Lebens, von denen wir umgeben sind, sobald wir das Haus verlassen: Werbungen, Valentinstags-Ankündigungen, Burger-King-Preislisten, Anleitungen zur Benutzung der Bahnhofsschließfächer, alles, was einem auf dem Weg durch eine Stadt so unterkommt. Diese Phrasen flechten sich ständig in die Handlung und werden auch wiederholt. Wir erfahren, dass am 11. November der Tag des Apfels ist, dass Putenschnitzeln mit Nudeln 7,50 Euro kosten und dass wir Zipfer Bier trinken sollten (ein Glas heller Freude!). Zeitweise hat man den Eindruck, Marković übertreibt es ein wenig mit ihren Zitaten – andererseits, werden wir nicht auch im „echten Leben“ von diesen Phrasen überflutet? So betrachtet erscheint die Überfrachtung wieder gerechtfertigt.

Wäre „Superheldinnen“ irgendetwas anderes als ein Roman, dann wäre es ein Comic: in grellen Farben im Pop-Art-Stil gemalt, schräg, komisch, zynisch und manchmal bitterböse. Ein Happy End gibt’s noch dazu. Oder zumindest so etwas Ähnliches.

Barbi Markovićs: Superheldinnen. Roman. Residenz Verlag, Wien Salzburg 2016. 176 Seiten, 18,90 Euro – auch als e-Book erhältlich - www.residenzverlag.at

 

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