LESEPROBE / 400 JAHRE THEATER

26/09/25 Jedes einzelne Jahr der vierhundertjährigen Theatergeschichte am unteren ende des Makartplatzes gäbe wohl keine Geschichte her. Aber vierhundert Menschengeschichten sind locker drin. Eine Leseprobe aus dem Jubiläumsbuch 400 Jahre Theater am Mirabellgarten – 400 Theatermenschen.

Von Armin Frauenschuh

Der Tenor Josef Köstlinger, geboren 1946 in Braunau, absolvierte zunächst eine Lehrerausbildung in Salzburg. Doch die Liebe führte ihn auf einen ganz anderen Weg: Eine junge schwedische Urlauberin namens Kerstin – seine spätere Frau – bewegte ihn dazu, alles hinter sich zu lassen und ihr nach Stockholm zu folgen. Dort wurde seine schöne Stimme bemerkt, und er begann ein Gesangsstudium an der Opernschule der schwedischen Hauptstadt. Noch während seiner Ausbildung wurde er vom berühmten Regisseur Ingmar Bergman entdeckt, der ihn prompt für die Rolle des Tamino in seiner schwedischsprachigen Kinofassung von Mozarts „Zauberflöte“ engagierte. Mit einem Schlag wurde diesem bis dahin unbekannten jungen Österreicher internationale Aufmerksamkeit zuteil.

Ein Festengagement in der alten Heimat ließ nicht lange auf sich warten. Die kleine Familie kehrte zurück nach Salzburg – nun zu dritt, mit der neugeborenen Tochter Maria – und Josef Köstlinger wurde Ensemblemitglied am Salzburger Landestheater. Ganze 33 Jahre blieb er dem Haus treu. In dieser Zeit wurde er dort liebevoll „Joschi“ genannt und war in zahllosen Produktionen zu erleben – vom klassischen Opernrepertoire über Operette bis hin zum Musical.

Maria Köstlinger wuchs als echtes Theaterkind auf. Sie „wohnte“ förmlich auf der Seitenbühne, verbrachte unzählige Stunden ihrer Kindheit auf der schmalen Treppenstufe neben dem Feuerwehrplatz – von dort aus beobachtete sie staunend ihren Vater in großen Rollen. Besonders in Erinnerung geblieben sind ihr sein Hans in Smetanas „Die verkaufte Braut“, der Laca in Janáčeks „Jenůfa“ und die Titelrolle im „Vogelhändler“. Über 25-Mal sah sie ihn als Tony in Bernsteins „West Side Story“.

Am Haus kannte jeder das kleine Mädchen, und so ließ der erste eigene Bühnenauftritt nicht lange auf sich warten: Bereits mit neun Jahren stand Maria in „Affentheater“ erstmals auf der Bühne. Es folgten weitere Rollen in Operette, Musical und Schauspiel. Bei Rosa Hartlieb erhielt sie Ballettunterricht, der Vater unterrichtete sie gelegentlich im Gesang – doch ihre große Leidenschaft galt dem Schauspiel.

Mit kaum 16 Jahren erregte sie erstmals größere Aufmerksamkeit, als sie im Weihnachtsmärchen „Rotkäppchen“ kurzfristig die Titelrolle übernahm – für eine erkrankte Schauspielerin. Vater und Tochter standen auch gemeinsam auf der Bühne – manchmal in kuriosen Konstellationen: So musste Josef in der Uraufführung von „König Übü“ seine Tochter auf der Bühne erwürgen, während er in einer anderen Inszenierung – Johann Strauß’ „Eine Nacht in Venedig“ – um sie als schöne Barbara freite.

Maria sammelte zunächst weitere Bühnenerfahrung am Salzburger Kleinen Theater, wo sie zwei Jahre als Anfängerin engagiert war. Anschließend freute sie sich, ans Landestheater zurückzukehren – zunächst als Elevin, später für zwei Spielzeiten als fixes Ensemblemitglied unter der Intendanz von Lutz Hochstraate. Ihre Karriere nahm weiter Fahrt auf, als sie von Helmut Lohner, Otto Schenk und Herbert Föttinger entdeckt und ans Theater in der Josefstadt nach Wien engagiert wurde.

Seither ist sie diesem Haus eng verbunden – mit einer beachtlichen Karriere, die auch Film und Fernsehen umfasst. Einmal noch kehrte sie ans Salzburger Landestheater zurück: Im Rahmen der Festspiele stand sie in Peter Steins Inszenierung von „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ auf der heimatlichen Bühne. 2023 wurde sie zur österreichischen Kammerschauspielerin ernannt.

Aus der Ehe mit dem früh verstorbenen Schauspieler Karlheinz Hackl, der übrigens 2011/12 in „Das weite Land“ auch auf der Salzburger Bühne zu sehen war, stammt Tochter Melanie. Sie verkörpert damit die dritte Generation dieser Theaterfamilie, ist sie doch ebenfalls Schauspielerin und Musicaldarstellerin – ausgebildet in Hamburg. Ein erstes Engagement am Landestheater war bereits in Planung, doch ein Angebot als Helena in „Ein Sommernachtstraum“ an der Josefstadt kam der Sache zuvor. Wer weiß – vielleicht wird die Familientradition in Salzburg eines Tages doch noch fortgesetzt?

Das Buch zum Jubiläum „ 400 Jahre Theater am Mirabellgarten – 400 Theatermenschen“ ist ab dem 27. September exklusiv im Kartenbüro des Salzburger Landestheaters oder über service@salzburger-landestheater.at erhältlich
Das Theaterfest am 27.9. beginnt um 13.30 Uhr, die Jubiläumsgala um 19 Uhr – www.salzburger-landestheater.at
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