Ist das Ihr Suppenlöffel in der Badewanne?

RAURISER LITERATURTAGE / SAMSTAG

04/04/17 Ein lyrisches Trio am Vormittag: Anja Golob begeistert das Publikum. Elke Laznia regt zum Nachdenken an. Raphael Urweider erklärt, wie der Hase läuft. Nachdenkliche Stimmung am Abend: Winkler, Bodrožić und Franzobel erzählen von Gewalt, Krankheit und Kannibalismus.

Von Nadine Jakaubek und Evelyn Wlk

„Sollten wir nicht auch Kleinkinder siezen? Ist das Ihr Suppenlöffel in der Badewanne, wenn ja, brauchen Sie ihn da noch und wie lange?“ Dies sind nur einige der zahlreichen Fragen eines langen Gedichts von Raphael Urweider, die im Publikum für manches Gelächter sorgen. Den Einstieg in den Lyrik-Vormittag, der wie jedes Jahr traditionell am Samstag (1.4.) stattfindet, übernimmt die slowenische Lyrikerin Anja Golob.

Voller Spannung verfolgen die Zuhörerinnen und Zuhörer ihre Darbietung. Obwohl Golob noch nicht einmal am Ende ihres Vortrags angelangt ist, toben die Gäste voller Begeisterung und klatschen Beifall. „Ich hab noch zwei Gedichte. Ich kann aber auch gehen“, reagiert Anja Golob lachend. Natürlich will das Publikum noch mehr von ihr zu hören bekommen.

Gerade erst aus Brasilien zurückgekehrt überrascht Raphael Urweider die Anwesenden mit noch unveröffentlichten Texten: „Wie läuft der Hase? Er läuft gar nicht, er schlägt Haken.“ Mit seinem trockenen Humor kann er alle sofort für sich gewinnen. Während des gesamten Lyrik-Vormittags werden wir musikalisch von urigen Klängen der Maultrommel und slawischer Hirtenflöte von Fritz Moßhammer, begleitet. Neben Golob und Urweider gestaltet auch Elke Laznia den Vormittag mit und lädt mit ihren Texten zwischen Lyrik und Prosa zum Nachdenken ein.

Für Unterhaltung sorgen am Samstagabend während den Pausen The Jazz Gipsies. Die erste von drei Lesungen wird von Katharina Winkler abgehalten. Bereits im Alter von 13 Jahren lernte sie das Vorbild für ihre Protagonistin im Buch „Blauschmuck“ kennen. In der Landarztpraxis ihres Vaters begegnete Winkler der verschleierten Frau zum ersten Mal, die mit blauen Flecken übersät war. Katharina Winkler bezeichnet den Pulsschlag des Buches als den Schlag an sich. Die harte, kalte Syntax des Textes repräsentiert den Rhythmus des Schlages. Es sollte dargestellt werden, dass Schönheit auch neben Gewalt bestehen kann. Wie bei einer Hinrichtung auf einer blühenden Frühlingswiese kann auch hier das eine das andere nicht relativieren.

Tomas Friedmann bezeichnet Marica Bodrožićs Roman „Das Wasser unserer Träume“ als ein bewegendes Sprachkunstwerk. Sie ist die zweite Autorin an diesem Abend. „Eigentlich ist Koma ein ganz großes Komma, ein Innehalten.“, argumentiert Bodrožić, während sie die Fragen zu ihrem Buch beantwortet und es damit dem Publikum näher bringt.

Zuletzt betritt Franzobel die Bühne. Er stellt sein Buch „Das Floß der Medusa“ vor, das auf einer historischen Begebenheit beruht: Nach einem Schiffsunglück konnte nur ein kleiner Bruchteil der Beteiligten aufgrund von Kannibalismus überleben. Beklemmend. Während des Gesprächs mit Manfred Mittermayer, schafft Franzobel es, die Stimmung wieder aufzulockern. „Falls Sie das Buch einmal lesen sollten, wissen Sie, was Sie überspringen können.“

Bilder: RLT/Stefan Klueter-Suhrkamp Verlag, Peter von Felbert, Dirk Skiba
Für DrehPunktKultur berichten aus Rauris Studentinnen und Studenten von Christa Gürtler, die im Rahmen der Lehrveranstaltung „Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2017)“ am Fachbereich Germanistik an den Rauriser Literaturtagen teilnehmen.
www.rauriser-literaturtage.at