Nicht nur über Risse jammern, auch feiern

LITERATURHAUS / EUROPA DER MUTTERSPRACHEN

10/04/18 Diesmal kommen Autoren, Journalisten und Künstler aus zehn Ländern zum Festival „Europa der Muttersprachen“ ins Literaturhaus Salzburg. Es beginnt am 12. April und dauert bis 30. Juni.

Von Paula L. Trautmann

Flüchtlinge in orangen Rettungswesten, Soldaten in ihrer tarnfarbenen Militärausstattung und Familien in Auffanglagern – Eindrücke dieser Art haben der spanische Fotograf Carlos Spottorno und der Journalist Guillermo Abril eingefangen und in etwas Ungewöhnliches verwandelt. Einen „ganz anderen Zugang“ sieht Tomas Friedmann, Leiter des Literaturhauses Salzburg, in dem Fotoroman „La grieta“, zu deutsch „Der Riss“. Er wurde in Form eines Comics, genauer einer Graphic Novel, gestaltet. Das spanische Magazin „El País de Semanal“ hat die beiden Journalisten beauftragt, an den EU-Außengrenzen zu recherchieren. Reportagen, tausende Fotografien und Filmbeiträge entstanden zwischen 2013 und 2016 und wurden letztendlich zu dem Fotoroman.

Das Thema wird für das Festival „Europa der Muttersprachen 2018“ vom Literaturhaus Salzburg aufgegriffen. Die Comic-Bilder des Romans werden ausgestellt.

Seit 1995 widmet sich das Literaturhaus-Festival jedes Jahr einem bestimmten europäischen Sprachgebiet. Heuer ist es ein wenig anders, da betrachtet man Grenzen und Chancen in Europa. Denn die EU werde zunehmend als Ursache von Problemen gesehen, der Traum vom geeinten Europa gerate ins Wanken. Besonders nach Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien und der Fluchtbewegung Richtung Europa ziehe sich ein Riss durch die Gesellschaft.

„Wie können wir diesen Riss literarisch und diskursiv thematisieren?“, fragt sich Tomas Friedmann. Die Antwort ist die Ausstellung „Der Riss“, für die neben den beiden Journalisten Carlos Spottorno und Guillermo Abril noch viele weitere Gäste anreisen. „Schließlich möchten wir das ganze kritisch und spannend aufbereiten“, so Friedmann.

Philosoph, Ökonom und Soziologe Karl Marx sei wieder attraktiv für junge Menschen. Deshalb findet die Filmpremiere von „Marx 4.0“ mit einer anschließenden Diskussion statt. Der Film von Torsten Striegnitz und Simone Dobmeier ist in Zusammenarbeit mit ARTE und ZDF entstanden und behandelt die Faszination um Marx.

„Was ist aus den Linken geworden? Warum geht es nach rechts?“ Fragen dieser Art werden laut Friedmann diskutiert. Der gefeierte Autor Jaroslav Rudis liest aus seinem jüngsten Prosa-Band „Der Besuch von Herrn Horváth“ und spricht mit dem Literaturkritiker Klaus Zeyringer über sein Werk, über Europa und Grenzen.

Das Thema rund um Chancen und Grenzen in Europa wird von verschiedenen Standpunkten aus betrachtet. Die Not auf der Flucht, Humor und Populismus, Identität und Integration, Arbeit, Heimat und Fremde sind nur ein paar der Themen, zu denen es Lesungen, Buchvorstellungen und Diskussionen gibt.

Feiern auf Spanisch heißt es zum Abschluss des Festivals am 30. Juni im Literaturhaus. Zur Finissage der Ausstellung „Der Riss“ erwartet die Besucher ein zwölf stündiges Fest der Kulturen. Musik, Theater, Film, Sprach-Schnupperkurs, zweisprachige Liebesgedichte, Essen, Trinken, Tanzen und ein Bücherflohmarkt werden geboten sein. „Wir wollen zeigen: Da gibt es etwas zu feiern“, sagt Tomas Friedmann .

„Europa der Muttersprachen“ beginnt am Donnerstag (12.4.) und dauert bis Ende Juni – www.literaturhaus-salzburg.at - das Programm-Booklet zum Download
Bilder: Literaturhaus Salzburg