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Manche Geheimnisse sollten geheim bleiben

LESUNG / RAFIK SCHAMI & FREUNDE

21/05/19 Geheimnisse sind allgegenwärtig. Jeder Mensch hat sie und behütet sie und trägt sie mit sich, ob als Bürde oder als Segen. Anderer Leute Geheimnisse machen uns neugierig. Geheimnisse im Allgemeinen faszinieren uns, geben uns Rätsel auf, lassen uns träumen oder stürzen uns in Verzweiflung.

Von Clemens Kainz

Sechs befreundete Schriftsteller trafen am Montag (20.5.) im Schauspielhaus zusammen und gewährten unter der Moderation von Tomas Friedmann einen Einblick in das von Rafik Schami herausgegebene Buch Geheimnis, das Kurzgeschichten der bekannten Autoren in sich vereint. Darin widmen diese sich sowohl sprachlich als auch stilistisch in unterschiedlicher Herangehensweise dem Titel gebenden Thema Geheimnis.
Mit Weit weg und Befund las Root Leeb zwei ihrer Geschichten vor, in deren Fokus in liebevoll geschilderten Alltagsszenarien der Umgang der Protagonisten mit einem persönlichen, nicht mitteilbaren Geheimnis steht. Im Gespräch geht sie darauf ein, dass Geheimnisse sich durch alle Altersklassen ziehen und auf die Macht, die jemand bekommt, wenn er Geheimnisträger ist.
In Monika Helfers Text Noch eine letzte Frage wurden mit sanftem Zynismus die Tücken von Beziehungen und Heimlichkeiten offenbart, während ein Geheimnis das andere jagte. Franz Hohler nahm sein Publikum im Schaupielhaus mit der Erzählung Der Tisch mit trockenem Humor auf eine Reise in die Schweizer Alpen mit, wo in mystischer Atmosphäre ein skurriles Rätsel darauf wartet, gelöst zu werden.

In Natasa Dragnics imposanter Geschichte Königliche Botschaft, wurde mit fesselnden Worten das Hoffen und Leiden der Hauptfigur thematisiert und die Frage aufgeworfen, ob manches Geheimnis nicht besser geheim bleiben solle.  Märchenhaft wurde es bei Michael Köhlmeier. Dessen Sprachtalent zeigte sich in Folgen einer Hochzeitsnacht, einer wunderbar gelesenen Geschichte um Liebe und Versuchung, einem Pakt mit dem Teufel und dessen verhängnisvollen Folgen.
Bei Rafik Schami wurde es plötzlich hell im Saal. Anstatt vorzulesen trat er nach vorn auf die Bühne und erzählte mit charismatischen Auftreten und bildhafter Sprache seine Geschichte Die alte Frau und der eigenwillige Geist. Sein lebhafter und warmherziger Umgang mit dem Publikum war ebenso erfrischend wie die humorvolle Schilderung der „wahren Begebenheit“ über einen Geist aus einer Messinglampe.

Im Rahmen des Erzählabends wurde ein unterhaltsamer Ausflug in literarisch weitgefächerte Gefilde unternommen. Geheimnisse sind Teil vom Menschsein, insofern wurde gleichzeitig das Leben an sich thematisiert. In spielerischer Kunstfertigkeit wurden die Schattierungen des Lebens aufgezeigt, Ambivalenzen offengelegt und Ängste und Wünsche, Unsicherheiten und Zweifel des Menschseins dargelegt - gekonnt verpackt in Geheimnisse und Mysterien.

Rafik Schami (Hg.): Geheimnisse. Kurzgeschichten. Ars Vivendi Verlag, Cadolzburg 2019. 167 Seiten, 20,90 Euro - mit Texten von Monika Helfer und Michael Köhlmeier aus Österreich, Root Leeb, Nataša Dragnić und Rafik Schami aus Deutschland sowie Franz Hohler aus der Schweiz - arsvivendi.com
Bild: Stephan Bär

 

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