asdf
 

Acht Hände ringen um Orpheus

MOZARTWOCHE / L'ORFEO

25/01/25 Zwei Puppenspieler, ein aktiv puppen-mit-führender Sänger und natürlich die Gespensterpuppe selber: Allein die Titelfigur bringt eine ganze Menge Personal mit in die Unterwelt. Eine Treppe trennt diagonal Ober- und Unterwelt. Was zu erzählen ist, erzählt seit 418 Jahren die Musik: Claudio Monteverdis Orfeo betört einmal mehr Menschen und Götter.

Von Heidemarie Klabacher

Rolando Villazon in der Titelrolle singt mit überzeugender Anwendung der Gesangstechniken des „alten“ Faches und profunder Tiefe. Mit Emotion hält der Intendant der Mozartwoche ja selbst auf der Einspielung der Bitte ans Publikum, Bild- und Tonaufnahmen zu unterlassen – „Mozart lebt“ – nicht zurück. Umsoweniger, wenn seiner Figur die Geliebte geraubt wird. In der opulenten Inszenierung des Puppenspielers und Kunstpfeiffers Nikolaus Habjan hätte es aber auch schon gereicht, wenn auf Orfeos Lyra eine Saite gerissen wäre, um diesen in die Krise zu stürzen.

Christina Pluhar leitet das Ensemble L’Arpeggiata. Mitreißend allein der disziplinierte, ja delikate Sound etwa der Posaunen! Christina Pluhar und die ihren bieten geradezu eine Musteraufführung an moderner Klangrede. Weder purer Schönklang noch überholte Ruppigkeit, sondern Alte Musik auf der Höhe der Gegenwart. Die Gesangssolisten haben einiges zu tun, um mit Klangpracht und Phrasierungskunst aus dem Orchestergraben mitzuhalten.

Den wendig und transparent singenden Chor stellen Solisten des Philharmonia Chors, einstudiert von Walter Zeh. Esther Balfe choreografiert ein Tanzensemble des SEAD. Für die Bühne, jene klug doppelbödige Treppenanlage (mit anspielungsreichem Olivenbaum mit und ohne Blätter), zeichnet Jakob Brossmann. Die Stiftung Mozarteum präsentiert eine Neuproduktion „in Anlehnung an die L’Orfeo-Produktion der Semperoper Dresden“. Premiere war am Freitag (25.1.) im Haus für Mozart.

Understatement oder Psychologie sind Sache der Regie von Nikolaus Habjan nicht. Händeringen ist ihr Grundkonzept. Mit – wie oben aufgezählt – allein acht Händen für die Titelfigur gibt es viele Hände zu ringen. Und die Arme von Puppen sind lang! Die Hände der Furien überschreiten menschliches Maß und leuchten. Es dampfen und leuchten die Augen des Fährmannes Charon, der im Libretto des gebildeten Juristen Allessandro Striggio den suchenden Orfeo doch prompt verdächtigt, wie weiland Herkules, den Höllenhund rauben zu wollen.

Auch das Herrscherpaar der Unterwelt ist zu überdimensionalen Puppen marginalisiert. Plutone wird gesungen von João Fernandes (der auch Caronte die Stimme leiht). Proserpina betört den Gemahl und das Publikum mit der Stimme von Céline Scheen. Diese gestaltet, in einem neiderregend opulenten Mantel des Kostümbildners Cedric Mpaka, auch die zentrale Partie der La Musica. Diese hat mit zwei Händen kaum genug zum Ringen. Ein von Regisseur konsequent eingesetztes Leitmotiv, dieses Gestikulieren. Aber wozu will sich nicht erschließen.

Die meisten Hirten und Hirtinnen, die auch die Geister der Unterwelt mit Stimme beleben, haben mehr zu singen, als die mit Tamara Ivaniš luxuriös besetzte Euridice. Klanglich hervorzuheben ist der Countertenor Eric Jurenas, der als La Speranza dem Orfeo bis an die Pforte der Unterwelt Hoffnung macht. Cyril Auvity ist nicht nur ein Hirte, sondern auch ein strahlender Apollo, der am Ende dem verzweifelten Titelhelden Leviten liest und diesen kurzerhand zu den Göttern mitnimmt.

L'Orfeo – zwei weitere Aufführungen im Haus für Mozart Sonntag (26.1.) um 15 Uhr und Freitag (31.1.) um 19.30, im Haus für Mozart – mozarteum.at
Bilder: ISM / Werner Kmetitsch

 

 

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014