Alles Sehnsuchtswalzer

CD-KRITIK / HERBERT SCHUCH

01/06/10 Vorige Woche bei der Kulturvereinigung hat man - als Zugabe - einen Vorgeschmack bekommen auf die neue bei OEHMS erschienene Doppel-CD des jungen Salzburger Pianisten Herbert Schuch.

CD-KRITIK / HERBERT SCHUCH

01/06/10 Vorige Woche bei der Kulturvereinigung hat man - als Zugabe - einen Vorgeschmack bekommen auf die neue bei OEHMS erschienene Doppel-CD des jungen Salzburger Pianisten Herbert Schuch.

Von Horst Reischenböck

altDer in Rumänien geborene Herbert Schuch studierte bei Karl-Heinz Kämmerling an der Universität Mozarteum. In dieser Saison ist er „artist in residence“ bei der Salzburger Kulturvereinigung. Dem Pianisten sind schlüssige, inhaltlich verbindende Programme wichtig - das schlägt sich auch nieder in der neuen Doppel-CD unter dem Titel „Sehnsuchtswalzer“. Nach den „Nachtstücken“ und der „Kreisleriana“ beschäftigt er sich da ein drittes Mal mit dem heurigen Jahresregent Robert Schumann.

Jüngst im Festspielhaus hat Schuch Carl Czernys Variationen über den - bei ihm so betitelt - „beliebten Wiener Trauer-Walzer von Franz Schubert“ hören lassen, und dieses Stück ist auch hier aufgenommen: ein absolut virtuos dankbares Futter aus der Feder jenes Beethoven-Adepten, der (wie es bösartige Zungen formulierten) nicht zuletzt zu Studienzwecken „aus einem Takt Beethoven 100 Takte Czerny“ machte. Knapp sechs Minuten inklusive Introduktion und finaler Stretta. Im Vergleich zu Schumanns "Sehnsuchtswalzervariationen" mag das Stück nicht so genial anmuten, aber Schuch spielt es mit viel Charme, leicht und differenziert im Anschlag und mithin überhaupt nicht reißerisch.

Die Schumann'schen "Sehnsuchtswalzervariationen": Der Titel rührt von der Schubert'schen Vorlage her (und stammt nicht von ihm). Schumann hinterließ unvollendete Variationen. Andreas Boyde hat das Werk editiert und Schuch hat es subtil komplettiert. Eine interessante Lösung: Das Schubert-Thema stellt er an den Schluss, und das bietet nicht zuletzt deshalb einen Überraschungseffekt, als das Vorangegangene, fantasievoll und sogar kühn anmutend, sich keineswegs bloß in „Veränderungen“ des Themas erschöpft.

Mit „Carnaval“ stellt sich Herbert Schuch in eine Reihe renommierter Mitbewerber, in einer schlüssig eigenen Sehweise. Schon in den „Sphinxes“ bricht Schuch Hörgewohnheiten mit Mitteln moderner Spieltechnik klanglich auf. Er traut sich was! Davor die „Schmetterlinge“ (Papillons), und - doppelt dankbar vermerkt, weil weit weniger oft zu vernehmen - das halbe Dutzend Intermezzi op. 4, aus denen Schuch nicht zuletzt auch das tänzerische Element schürft.

Wie sich bei Schubert die Grenzen zwischen Deutschen Tänzen, Ländlern und Walzern vermischen, führt Schuch an Hand einer genauso bewussten, aber auch durch Pausenzäsuren abgegrenzten Auswahl vor. So werden diese kaum eine Minute währenden Miniaturen zu einem blühenden Strauss an Preziosen gebündelt.

Und dann noch die „Aufforderung zum Tanze“, der allererste, mit Einleitung und Coda durchkomponierte Walzer der Musikgeschichte aus der Feder des Nicht-Österreichers Weber, den eigentlich erst die Instrumentierung von Hector Berlioz populär machte. In der pianistischen Originalgestalt ist er selten anzutreffen.

Robert Schumann,  „Sehnsuchtswalzervariationen“, Papillons op. 2, Intermezzi op. 4 & Carnaval op. 9; Carl Czerny, Variationen über den beliebten Wiener Trauerwalzer von Franz Schubert op. 12; Carl Maria von Weber „Aufforderung zum Tanze“ op. 65 u.a. - Herbert Schuch, Klavier. OEHMS CLASSICS 2CDs OC 754 www.oehmsclassics.de
Heute, Dienstag (1. Juni)  um 19.30 Uhr, präsentiert Herbert Schuch in einem Gesprächskonzert mit  Andreas Vogl diese Einspielungen auch öffentlich im Saal der Dommusik. - www.myhomemusic.at
Bild: http://www.herbertschuch.com / Dorothea Falke