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Schubert hat auch Geburtstag!

CD-KRITIK / SCHUBERTIADE

28/01/22 Sonst „gewinnt“ Mozart. Eindeutig und immer in diesen späten Jännertagen. Nun ist – bedauerlicherweise zwar – die Mozartwoche schon wieder ins Netz verbannt. Dafür ist mal Zeit, Luft und Platz für andere: Der 225. Geburtstag von Franz Schubert steigt am 31. Jänner. Gefeiert wird mit mehrstimmigen Liedern mit und ohne Klavier.

Von Heidemarie Klabacher

Der Gondelfahrer, Sehnsucht, Ewige Liebe, Flucht oder Nachthelle... Bei mehrstimmigen Schubert-Liedern dargeboten von Chören, wie gut diese auch immer sein mögen, denkt die Schreiberin dieser Zeilen gar nicht selten – so selten man diese Werke auch zu hören bekommen mag – an die Comedian Harmonists. Der kleine grüne Kaktus springingerlt aber seltsamerweise NICHT zusammen mit Gott in der Natur D 757. Woran das liegen mag? Vielleicht ganz einfach daran, dass es eine der seltenen Nummern für Frauenchor ist.

Die überirdisch-schubertisch-silbrig ausgemalte Nachthelle D 892 für Männerchor hat ein Tenor-Solo, das es in seiner Exponiertheit mit den heikelsten Sololiedern aufnimmt und einen Klavierpart, der perlt wie in den legendären Nacht- und Sterne-Liedern. Also hat die humoristische Assoziation von wackeren Herrn im Frack über sangesfreudig geschwellter Brust und einem mutigen Pianisten keine Chance. Hartnäckig nur verwundert in der schönsten Nachthelle, ein Gedicht von Johann Gabriel Seidl, die Textzeile „die Häuser schau'n verwundert drein“. Sollen sie.

Kaktus, Frackbrust und alle anderen unerwünschten Assoziationen verdrängt nun – endlich und ein für alle Mal, weil man erfahren durfte, dass es auch ohne geht – die aktuelle CD Schubertiade zu Schuberts 225. Geburtstag. Die Studioaufnahme mit den Solisten Christina Landshamer Sopran, Merit Ostermann Alt und Andrew Lepri Meyer Tenor, dem Chor des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Howard Arman mit Justus Zeyen am Klavier entstand vorigen Juli im Herkulessaal der Münchner Residenz. BR-KLASSIK veröffentlicht diese CD am 4. Februar.

Das Begleitinstrument ist ein Flügel aus der Pariser Klaviermanufaktur von Sébastien Érard aus dem Jahr 1870: „Im 19. Jahrhundert waren die Instrumente dieser Firma in den Salons wohlhabender Privatleute ungemein beliebt und galten als Inbegriff der bürgerlichen Musikkultur“, heißt es im Booklet. Richard Wagner, Franz Liszt „oder selbst Queen Victoria“ besaßen einen Érard-Flügel. „Seine Bauart und Mechanik weist eine klangliche Nähe zum Hammerklavier der Schubertzeit auf.“ Der Klavier- vermischt sich tatsächlich betörend mit dem Vokal-Klang („Chor“ soll man laut Booklet nicht sagen, weil in der Schubertzeit diese Stücke eher solistisch besetzt waren): Im Gondelfahrer für Männerchor und Klavier D 809 plätschern die Klavierwellen so lieblich sanft, wie sie im Ständchen für Alt-Solo, Männerchor und Klavier D 920 dem Liebchen Schlummer singen.

In den sakralen Nummern Gott in der Natur und Psalm 23. Gott ist mein Hirt für Frauenchor und Klavier brillieren die Damen des BR-Chores. Die Herrn betören in Drei Liedern für Männerchor a cappella D 825, genießen ihre Wehmut, nähren ihre Liebeswunden oder drängen in die frische Luft, denn „in der Enge hockt die Not“. Männer- und Frauenstimmen tun sich im Finale zusammen zu Mirjams Siegesgesang für Sopran-Solo, Chor und Klavier D 942. In dieser monumentalen Nummer von 19 Minuten Spielzeit singt eine triumphierende Miriam – „Tauchst du auf, Pharao? Hinab, hinunter in den Abgrund“ – vom Untergang der Ägypter im Roten Meer. Noch NIE gehört! Dank an alle für diese CD. Ein wahres Geschenk zum Schubert-Geburtstag.

Schubertiade. Christina Landshamer Sopran, Merit Ostermann Alt, Andrew Lepri Meyer Tenor. Justus Zeyen Piano. Chor des Bayerischen Rundfunks. Howard Arman Dirigent. BR klassik 900528

 

 

 

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