Hoffnung des Wiedersehens und -hörens

CD-KRITIK / L’ORFEO & DOROTHEE MIELDS

14/12/12 Der Geschmack der Zeitgenossen zog Georg Philipp Telemann dem ihm gegenüber als „altmodisch“ angesehenen Thomaskantor Johann Sebastian Bach weit vor. - Ein Streifzug durch Arien von Telemann.

Von Horst Reischenböck

Derzeit touren Michi Gaigg und ihr L’Orfeo Barockorchester mit Johann Sebastian Bachs ersten drei Kantaten seines Weihnachtsoratoriums durch die Lande. Morgen Samstag (15.12.) machen sie bei der Bachgesellschaft in Salzburg Station. - Ihre jüngste CD widmeten sie jedoch dankenswerterweise Telemann und versicherten sich dabei zusätzlich des exzellenten Soprans von Dorothee Mields.

Telemanns fast unüberschaubares Schaffen harrt auf nahezu allen musikalischen Gebieten noch immer einer kompletten Aufarbeitung. „Hoffnung des Wiedersehens“ ist der inhaltliche Angelpunkt auf dieser CD. So heißt die fünfteilige Cantata TVWV 20:70. Das Motto bietet den Ausführenden auch die Möglichkeit, ein abwechslungsreich gestaltetes Pasticcio zum Thema Liebe zu gestalten.

Telemann hat auch Stücke geschrieben, die als Einlagen in Opern von Zeitgenossen dienten, sie aufpäppeln oder das Interesse des Publikums für Neuproduktionen wecken sollten. Das war ja bis in die Mozart-Zeit üblich, da von einem Copyright oder Alleinigkeitsanspruch des Schöpfers noch keine Rede war.

So hat Telemann also beispielsweise Reinhard Keisers Oper „Der gestürzte und wieder erhöhte Nebucadnezar“, ein dreisätziges Violinkonzert vorangestellt, das Martin Jopp als Solist gestaltet. Kaiser war der Vorgänger Telemanns als Leiter des Theaters am Gänsemarkt in Hamburg. Mehrere der Arien-Erstaufnahmen hier dienten als Einlagen in Werke Keisers. Opern wurden am Gänsemarkt generell deutsch gesungen und dazu mussten sie auch textlich adaptiert werden. So geschehen in Georg Friedrich Händels „Riccardo Primo“ nun als „Der misslungene Brautwechsel oder Richardus I., König von England“ oder dessen „Almira“, in die Telemann ebenfalls ergänzende Arien einfügte.

In all diesen Fällen geht es also um das Thema Liebe. Voller Hoffnung erst, und danach, weil nicht erfüllt, in Trauer führend, um letztendlich doch noch versöhnlich zu enden. Wie eben im Opernfragment „Omphale“. Oder in einer Kantate, in der solches aus weiblichem Blickwinkel heraus beleuchtet wird. Berührend und perfekt singt all das Dorothee Mields. Ein schöner Kontrast: das von Carin van Heerden phänomenal geblasene e-Moll-Konzert für Oboe d’amore TVWV 51:e2.

Vor allem die Arien wecken auch Neugier, zumal es sich um deren weltweit erste Einspielungen handelt. Durch die spannend artikulierte Assistenz von den Originalklang-Spezialisten des L’Orfeo Barockorchesters mit Konzertmeisterin Michi Gaigg werden sie hörbar inspiriert und doppelt geadelt.

Hoffnung des Wiedersehens - Telemann Arias. Dorothee Mields & L’Orfeo Barockorchester, Ltg.: Michi Gaigg. deutsche harmonia mundi / SONY MUSIC CD 88697901822 - www.lorfeo.com

Morgen Samstag (15.12.) dirigiert Michi Gaigg bei der Bachgesellschaft die ersten drei teile von Bach "Weihnachtsoratorium" (19.30 Uhr, Große Aula). Es singen Ulrike Hofbauer (Sopran), Julie Camparini (Alt), Virgil Hartinger (Tenor) und Markus Volpert (Bass) sowie das Collegium Vocale. - www.salzburger-bachgesellschaft.at