CD-KRITIK / WDR SINFONIEORCHESTER / GOEBEL
24/06/25 Reinhard Goebel, Geiger und Jahrzehnte lang Leiter von Maßstäbe setzenden Ensembles wie Concerto Köln oder Musica Antiqua Köln beendet mit diesem Sommersemester das Lehren an der Universität Mozarteum. Nicht jedoch sein Forschen, wie eine jüngst erschienene Mozart-CD mit dem Geiger Tobias Feldmann an seiner Seite erneut beweist.
Von Horst Reischenböck
Wer hat schon je von einer zweiten Pariser Sinfonie Mozarts gehört? Immerhin ist sie im Köchel-Verzeichnis unter Nummer 311A aufgelistet, mit der Bemerkung verschollen oder nicht identifiziert In der neuesten Köchel-Ausgabe gelten gut sechzehn Zeilen der Nouvelle Simphonie de la Composition del Signor Amadeo Mozart, von der nur ein B-Dur-Fragment als Kopfsatz in Gestalt einer Ouvertüre erhalten blieb. Einem Andante pastorale folgt ein spritzig serviertes Allegro spiritoso. Alfred Einstein stellte das 1936 noch in Frage.
Das Attribut verschollen darf neuestem Wissensstand nach ad acta gelegt werden. Reinhard Goebel hat das Stück hörbar gemacht. Er ließ sich diesen wirkungsvollen Einstieg in seine Mozarts Reise nach Paris betitelte CD nicht entgehen. Leider hat er sich in seinem Einführungstext nicht detaillierter über die für Laien wie Liebhaber vielleicht doch interessante Geschichte verbreitet, etwa was den Fundort dieser Rarität betrifft.
Mit Frankreich hat auch das D-Dur-Violinkonzert KV 271a zu tun. Dass es das Etikett zweifelhafter Echtheit trägt, betrifft nicht sosehr die Solostimme, sondern die Orchesterbegleitung. Der Stimmensatz ist nicht erhalten geblieben – was nach der Ersteinspielung mit der Japanerin Mayumi Fujikawa noch Michael Erxleben, Jean-Jacques Kantorow zusammen mit Leopold Hager, Ernst Kovacic, Yehudii Menuhin, Anne-Sophie Mutters Lehrerin Aida Stucki und Josef Suk nicht davon abgehalten hat, sich mit diesem Stück zu beschäftigen.
Goebel nahm das Konzert vor zwei Jahren in Köln mit dem nunmehr 34jährigen Deutschen Tobias Feldmann auf, Preisträger des Reine Elizabeth- und Joseph Joachim-Wettbewerbs. Ein Geiger in gleichem Geist mit Reinhard Goebel. Mit schlankem Ton entspricht er nicht nur dem virtuosen Anspruch dieses Werks, sondern er wird auch dem Arrangement von Wolfgangs Sonate für Klavier zu vier Händen C-Dur KV 521 engagiert und tonschön gerecht. Daraus wurde die Sinfonia Concertante C-Dur KV 521. Mozarts um zwanzig Jahre jüngerer Klavier-Schüler in Wien, Ignaz Josephus Maria Franciscus Ritter von Seyfried, hat die Sonate, die man auch auf zwei Klavieren spielen kann, gekonnt und wirkungsvoll instrumentiert. Ähnlich wie seine Orchestrierung der Klaviersonate und Fantasie in c-Moll KV 457/475, des Klavierquartetts KV 478 und der f-Moll-Orgelfantasie KV 608, die Reinhard Goebel schon zuvor hörenswert mit dem Mozarteumorchester gestaltete.