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Meilensteine

MOZARTEUMORCHESTER / SONNTAGS-MATINEE

05/10/20 Ob Beethovens 250. Geburtstag gerät der 210. von Frederic Chopin fast in Vergessenheit:  Das Mozarteumorchester, Chefdirigent Riccardo Minasi und die Pianistin Olga Scheps erinnerten am Sonntag (4.10.) an beide. Begeisternd! 

Von Horst Reischenböck

Vor 190 Jahren wurde Frederic Chopins erstes Klavierkonzert in Warschau uraufgeführt. Das Mozarteumorchester eröffnete mit dem Grand Concert e-Moll op. 11 seine erste Sonntagsmatinee im Großen Festspielhaus. Dem Werk wird ja immer nachgesagt, es sei ein Konzert für Klavier „mit“, aber keins für Klavier „und“ Orchester. Der Orchesterpart sei mangelhaft, sei nur eine Folie zum Solopart. Mitnichten!

Chefdirigent Riccardo Minasi lieferte den Gegenbeweis: Vom ersten, in seiner Bedeutungsschwere fast schon an Johannes Brahms gemahnenden Einstieg differenzierte er, durch geringfügige Generalpausen zäsiert, die ausgedehnte Vorstellung der Themen des Tutti und lockte auch späterhin vor allem die Bläser zu tonschön ausmusizierter Korrespondenz mit der Solistin Olga Scheps. Die Pianistin übernahm – ganz im Sinne der Vorlage – sofort die Vorherrschaft und brillierte mit glitzernden Kaskaden und Läufen. Mit Energie verbiss sich Olga Scheps in die fordernden Triller der Linken, mit denen Chopin – einst Interpret in eigener Sache – den ausgedehnten Kopfsatz bekrönte.

Zauberhaft sordinierten die Streicher dann den Einstieg ins Nocturne, über Olga Scheps ihren Part dolcissimo und legerissimo verströmte. Nach dem Krakowiak setzte sie virtuos mit dem Precipitato aus Sergei Prokofievs B-Dur-Sonate op. 83 als Zugabe ihrem Auftritt die Krone auf. Statt, wie urprünglich geplant Le Sacre du Printemps, gab es danach Beethovens Eroica: Mozarteumorchester und Riccardo Minasi lieferten einen Beethoven-Meilenstein.

Sie machten mit ihrer radikalen Lesart durchaus verständlich, warum das Publikum damals im Wiener Palais Lobkowitz einer ebenfalls zur Uraufführung kommenden Symphonie von Anton Eberl (er war Schüler von Mozart), den Vorzug gab. Beethoven hat mit der Eroica (in Es-Dur, wie auch die Symphonie Eberls) allein wegen der Länge, aber auch wegen der gedanklichen und strukturellen Herausforderungen sein Publikum einfach heillos überfordert. Nicht zuletzt teilt sich die Geschichte der Sinfonik ja in eine Periode „vor“ und eine „nach“ der Eroica.

Minasi jedenfalls schlüsselte op. 55 differenziert auf. Ganz im Sinne von Beethovens Metronomangaben kämpfte er mit durchdringenden Trompeten-Akzenten durch das ausweglos endende Allegro con brio. Durchschritt dynamisch subtil die emotionalen Ausbrüche des Trauermarsches und dessen harte Paukenschläge, bis zu dem erschütternden Moment, wo in resignierender Trauer vor dem Grab Abschied genommen wird. Welch ein Kontrast: Als spontanen Aufbruch gestaltete Minasi das dahinjagende Scherzo mit seinen, vom Horntrio formidabel geblasenen Gedanken. Das aufgetürmte Finale wurde zum grandios triumphierenden Ausklang, der zu Recht lang anhaltend stürmisch bejubelt wurde.

Bilder: Stills aus dem Youtube-Video Erlebe die Sonntagsmatineen des Mozarteumorchesters auf der Website - www.mozorch.at

 

 

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