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Engel, Teufel, Biber

BACHGESELLSCHAFT / KONZERT

09/05/22 Viola da Gamba und Laute: Das erwartet man doch eher ein sanftmütiges Duo auf eher bzurtückhaltendem dynamischen Pegel. Am Freita (6.5.) galt es im Rittersaal der Residenz, die Ohren auf ein etwas anderes, höheres Niveau einzustellen.

Von Reinhard Kriechbaum

Mag sein, dass auch die Zeitgenossen im Hochbarock verblüfft waren, wenn sie Werke von Marin Marais (1656-1728) mit jenen des etwas jüngeren Antoine Forqueray (1672-1745) verglichen. Jedenfalls bekam der eine – Marais – den Spitznamen „L'ange“, Der Engel, verpasst. Wogegen man den anderen den Teufel nannte. Vittorio Ghielmi und Luca Pianca haben in diesem Konzert der Salzburger Bachgesellschaft je zwei Suiten gegenübergestellt. Man sagt gelegentlich, durchaus zu unrecht, dem französischen Gusto der Zeit einen Hang zum feinen Lineament, zur emotionalen Zurückhaltung nach. Wenn Vittorio Ghielmi, der's ja in der Kammermusik sogar schon mit Jazzmusikern versucht hat, sich und seine historische Gambe (Michel Colichon, Paris 1688) ins Rennen wirft, dann geht es mit entschieden mehr Verve zu, als man das erwartet.

Ein Charakterstück von Fortqueray beispielsweise heißt Le Bouron. Wenn man das Wort googelt, stößt man auf einen Cognac-Produzenten. Der kann also nicht gemeint gewesen sein in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Wohl eher der Fluß gleichen Namens. Wenn man dazu hört, wie Vittorio Ghielmi die tiefste Saite bearbeitet, konnte einem angst und bang awerden um den edlen Darmstrang. Diese Saite war zu dieser Epoche übrigens bereits die siebente, nachdem die Gambe nach und nach von fünf Saiten weg tonumfänglich erweitert worden war.

Viele tonmalerische Optionen konnten Ghielmi und sein Gamben-Partner Luca Pianca ausspielen. In besagter Suite, die mit erheblichem Wasser-Überdruck anhebt, gibt es auch das hübsche Carillon de Passy, ein Musikbild von einem Glockenspiel also, das Ghielmi und Pianca charmant in immer wieder gleichen Folgen ausschwingen ließen. Und La Portugaise, ein Tanzsatz? Da bekam man als Zuhörer das Bild von einem südländischen Springginkerl.

François Couperin nannte Forquerays Gambenstücke eine „superbe, schwierige, aggressive, Willen und Kampf ausdrückende Kunst“. Was hätte er der Clavecin-Meister über Heinrich Ignaz Franz Bibers Gambensonate gesagt, die dem Versailles-Block voran ging? Vor allem im eröffnenden Sonatina-Satz hat Vittorio Ghielmi alle Register musikalischen Ungestüms gezogen. Über die Chronologie der Stücke hat der Programmheftbeitrag leider nichts verraten. Dem Höreindruck nach würden wir nach diesem Konzert steigern: Engel (Marais), Teufel (Forqueray), Biber. Aus dem Salzburger Repertoire hat Luca Pianca eine Allemande für Solo-Laute von Matthias Sigismund Biechteler (1668-1743) beigetragen. Man konnte in Salzburg gut mithalten mit Versailles, zumindest musikalisch.

Am 28. Mai lassen bei der Bachgesellschaft The Queen's Six Liebeslieder hören – www.salzburger-bachgesellschaft.at
Bilder: www.youtube.com

 

 

 

 

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