asdf
 

Wunschkonzert mit schönen Überraschungen

MOZARTEUMORCHESTER / SONNTAGSMATINEE

09/05/22 Die letzte Sonntagsmatinee der Saison leitete nicht der scheidende, leider erkrankte Chefdirigent Riccardo Minasi, sondern ein guter alter Bekannter, Hans Graf, als prominenter Einspringer. Es war ein richtiges Muttertags-Konzert mit bekannten und beliebten Stücken, in zwei Hälften, die so gut wie nichts miteinander zu tun hatten.

Von Paul Kornbeck

Nun ja, vielleicht kann man die feingesponnene Lyrik, die der Solist Augustin Hadelich nach der Pause in Beethovens Violinkonzert verströmte, mit den von Poesie erfüllten Träumen des berühmtesten Fauns der Konzertliteratur vom Beginn in einer Entwicklungslinie sehen... Wie auch immer, so ein richtiges Wunschkonzert kann schön sein, wenn es so gut gelingt wie dieses. Für den Flötenzauber in Claude Debussys Prélude à l'après midi d'un faune sorgte weich und warm Bernhard Krabatsch und das Orchester setzte ihn mit vielen schillernden Farben fort. Hans Grafs Affinität zur französischen Musik tat das Ihrige. Er benötigt keine Partitur, um das phantastische Klanggemälde vom Vorabend der Avantgarde in seiner irisierenden und erotisierenden Schönheit, doch ebenso in klassisch anmutender Klarheit ertönen zu lassen.

Maurice Ravels Le Tombeau de Couperin ist eine luzide Suite von dezenten Totentänzen, angelehnt an „Tombeaus“, klingende Denkmäler für verstorbene Kollegen des barocken Meisters Couperin. Ravel hat seine im Ersten Weltkrieg gefallenen Freunde offenbar im Paradies besucht, so gelassen, ja oft heiter erscheinen seine Erinnerungen an sie. Das eigentümliche Werk kann man als Vision des Trostes und der Hoffnung auf die Ewigkeit auffassen, was an Aktualität nichts eingebüßt hat. Da der Komponist nur vier der sechs Klavierstücke für eine wundersam atmosphärisch gestaltete Orchestersuite bearbeitet hat, haben sich seit 1920 schon etliche seiner Kollegen mit der Instrumentierung der beiden fehlenden Sätze, Fugue und Toccata, abgemüht. Nun versuchte es, angeregt von Riccardo Minasi, der vielseitige Salzburger Komponist Jakob Gruchmann – und gewann! Zwar stellte Hans Graf die beiden „Uraufführungen“ bewusst an das Ende der Suite und fand davor einfühlsame und anerkennende Worte dazu, aber die beiden Stücke wirkten nicht wie Zugaben, sondern so, als hätte man sie in einem Versteck von Ravel gefunden. Man könnte Gruchmanns geschmeidiges Arrangement als perfekte Stilkopie bezeichnen, doch dafür versprüht es zu viel Leben, vor allem in der mitreißend vibrierenden, detailreichen, gar nicht so wie in der Klavierversion hämmernden Toccata. Der Bearbeiter wurde zu Recht bejubelt – eine CD-Aufnahme wäre gefragt!

Hans Graf beherrscht auch die Kunst, mit einem Solisten zu atmen und das Orchester zu lebendiger Partnerschaft zu animieren. Augustin Hadelichs Lesart des sonst mitunter in den ersten beiden Sätzen nicht enden wollenden Beethoven-Konzerts op. 61 ist geprägt von berührender Lyrik, die sich nicht in Vibrato-Überschwang, sondern in sensibel geführter und erfühlter Gesanglichkeit ergeht und trotz oft betont langsamer Tempi von innerer Spannung erfüllt ist. Da entstehen keine Längen, sondern beseelte Meditationen. Fast ein Wunder, wie stimmig Hadelich in diese feingliedrigen Gespinste die brillanten Kadenzen Fritz Kreislers einfügt und wie organisch in andere Welten gleitend daraufhin die Virtuosität des Finalsatzes wirkt. Der begeisterte Applaus führte zu einer herrlich swingenden Zugabe – der Deutsch-Amerikaner erntete mit einem Louisiana Blues stehende Ovationen.

Bild: cmartists.com Singapore Symphony / Bryan van der Beek; Bruce Bennettaugustinhadelich.com

 

 

 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014