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Revidierte Romantik

PHILHARMONIE SALZBURG / ELISABETH FUCHS

02/03/23 Elisabeth Fuchs und die Philharmonie Salzburg widmeten sich Gustav Mahler und Jean Sibelius, und zwar berühmten Werken, mit denen die Komponisten zu kämpfen hatten. Mit Alina Pogostkina versicherten Fuchs und die ihren sich der Mitwirkung einer längst international etablierten Geigenvirtuosin.

Von Horst Reischenböck

Die beiden bedeutenden Spätromantiker Sibelius und Mahler einte der Skrupel dem eigenen Werk gegenüber. „Johan Julius Christian“, bei uns eher als „Jean“ Sibelius bekannt, der die eigenständige nationale Musik seiner Heimat begründete, spielte selbst Geige. Mit dem 1903 begonnenen „Konsertto viulle ja orkesterille d-molli“, also dem Violinkonzert d-Moll op. 47, war er nicht zufrieden. Vielleicht, weil er erkannte, wieviel gedankliche Assoziationen an Ludwig van Beethoven drinsteckten. Sibelius verbot weitere Aufführungen, kürzte die beiden Ecksätze um fast sieben Minuten Spielzeit und strich aus dem Solopart allzu virtuose Passagen. Erst 1990 erlaubten die Nachkommen dem Geiger Leonidas Kavakos (von seinen Tagen bei der Camerata Salzburg bestens in Erinnerung), die im Original in der Universität Helsinki liegende Urgestalt wieder zu spielen.

Am Mittwoch (1.3.) in der Abo-Reihe der Philharmonie Salzburg im Großen Saal des Mozarteums war Alina Pogostkina die Solistin. Aus St. Petersburg gebürtig, studierte sie in jüngster Zeit bei Reinhard Goebel in Salzburg und entschied bereits 2005 den Internationalen Sibelius-Wettbewerb in Helsinki für sich. Sie errang zudem die Auszeichnung für die „Beste Interpretation des Sibelius Violinkonzerts“. Sie bewies denn auch, wie nicht anders zu erwarten, ihre Affinität mit der Vorlage, natürlich in der landläufig gewohnten und gebräuchlichen Letztversion von 1905.

Zart ließ sie sich von der weiblich dominierten Umgebung der Philharmonie Salzburg und der aufmerksam liebevoll mitgestaltenden Leitung von Elisabeth Fuchs ins eröffnende Allegro moderato betten. Tonschön schmolz sie mit ihrer Camillo Camilli-Geige durchs nachfolgende Adagio und lieferte sich rhythmisch pulsierend dem tänzerisch dahin wirbelnden Finale aus. Den begeisterten Applaus bedankte sie mit einem katalanischen Lied, arrangiert von Pablo Casals, mit Begleitung der vier vordersten Orchester-Celli.

Der zweite Teil des Abends holte nach, was schon vor drei Jahren geplant gewesen war, aber cornabedingt abgesagt und verschoben werden musste: Die Symphonie Nr. 1 D-Dur Der Titan von Gustav Mahler. Für den Komponisten ebenfalls ein Schmerzenskind in mehreren überlieferten Gestalten, nicht nur was instrumentale Details betraf, sondern auch formulierte und wieder verworfene musikalische Gedanken.

In der viersätzigen Gestalt kostete Elisabeth Fuchs vorerst präzise langsam schleppend die der Natur abgelauschten Klänge aus. Nur der erste Trompeteneinsatz geriet geringfügig zu laut. Auf das erste Wunderhornlied-Zitat Ging heut morgen übers Feld ging es kräftig bewegt mit Hans und Grete ins Scherzo hinein. Dann stimmte der Solo-Kontrabassist ironisch den Kanon zur Trauermarsch-Parodie in Callots Manier an, in dessen Mitte Mahler traurig an Die zwei blauen Augen von meinem Schatz erinnert. Aus dem verdämmerndem Schluss schreckte das Fortissimo des Tutti zum letzten Kampf auf, impulsiv durch Elisabeth Fuchs in alle Instrumentengruppen hinein getrieben und nur im Hörner-Septett durch Trübungen etwas irritiert.

Eine stimmige Interpretation, durchaus der Dokumentation wert: Die Aufzeichnung wird der lokale Fernsehsender RTS ab 15. März in seinem Kultur Format ausstrahlen.

Heute Donnerstag (2.3.) ist das Programm aber nochmals live zu erleben und genießen – www.philharmoniesalzburg.at
Bilder: www.alinapogostkina.de / Nikolaj Lund; www.philharmoniesalzburg.at / Erika Mayer

 

 

 

 

 

 

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