Tönendes zu Endzeiten

BACHGESELLSCHAFT / L‘ORFEO / MICHI GAIGG

04/03/23 Zur Passionszeit widmete sich die Salzburger Bachgesellschaftmit dem L‘Orfeo Barockorchester unter Michi Gaigg diesmal nicht ihrem Namenspatron. Stattdessen Mozarts Requiem mit Szücken von Mozart und Michael Haydn zuvor.

Von Horst Reischenböck

Die Einstimmung lieferte am Samstag (2.3.) in der Großen Aula die Maurerische Trauermusik KV 479a (477) – jener kurze Satz, den Mozart im Juli 1784 in sein „Verzeichnüß aller meiner Werke“ als für den „Todfalle des Brbr: Mecklenburg und Esterrhazÿ“ gewidmet eintrug. Was Fragen aufwirft, weil beide Adeligen erst im November jenes Jahres starben. Der Partitur fügte er mutmaßlich dann die eindrucksvolle Klangfärbung der beiden Bassetthörner und das „gran fagotto“, zusätzlich zu den beiden ohnedies aufschreienden Naturhörnern, hinzu.

Heutzutage wird angenommen, das Werk habe ursprünglich mit dem Meister-Aufnahmeritual in die Loge zu tun, während der auch der Tod angesprochen wird. Das hat Philippe A. Autexier zu einer Urfassung samt Männerchor angeregt. Das zugrundeliegende Choralthema der Takte 25 bis 33 bezieht sich auf den Cantus firmus aus dem Beginn von Johann Michael Haydns Schrattenbach-Requiem MH 155, an dessen Ausführung Mozart in Salzburg selbst beteiligt gewesen war und das als Vorbild für sein eigenes Requiem diente.

Daran fügten sich Michael Haydns drei Motetten Nos autem gloriari oportet, Christus factus est MH 628/1 und 2 und Tenebrae facte sunt MH 113. Jedes dieser Stücke ist eine kleine, ausdrucksstarke Preziose. Sie wurden wortverständlich und blitzsauber ausbalanciert vom Collegium Vocale Salzburg, geleitet von Michael Schneider, der auch Mozarts Misericordias Domini KV 222 und die Chorpartien dessen Requiems KV 626 einstudierte.

Unter Michi Gaiggs animierenden Händen entfaltete der Introitus seine beschwörend einstimmende Wirkung. Das Requiem erklang in der geläufigen Fassung von Franz Xaver Süßmayr, und doch nicht ganz so wie bei deren uraufführung, wie der japanische Mozart-Spezialist Masaaki Suzuki herausgebracht hat. Damals, in Anwesenheit von Mozarts Witwe Konstanze, hatte nämlich im aufrüttelnden Tuba mirum nicht die Posaune, sondern das weicher klingende Fagott die Melodie übernommen. Hier natürlich wie gewohnt mit Posaune.

Bariton Oddur Jónsson deutete den Text tonschön und eindrucksvoll, verband sich auch weiterhin im international besetzten Vokalquartett ausgewogen mit Virgil Hartingers Tenor, der eindrucksvollen Sopranistin Ekaterina Krasko und dem Mezzo-Sopran von Tamara Obermayr. Allesamt haben an der Universität Mozarteum studiert. Warum in der zweiten Hälfte beide Damen dann durch Marcia Sachs und Yvonne Douthat ausgewechselt wurden, blieb unergründlich.

Genauso, warum Michi Gaigg, nachdem sie vorerst bis einschließlich Wolfgangs letzten, berührenden Takten des Lacrimosa mit dem Chor und den präzise intonierenden Instrumenten ihres langjährig auf sie eingeschworenen L‘Orfeo Barockorchesters zügig vorangeschritten war, die nachfolgenden Teile durch größere Pausen voneinander trennte. Vielleicht bewusster Hinweis darauf, was Süßmayr der Vervollständigung halber hinzu komponierte?

Bild: www.lorfeo.com / Reinhard Winkler