Rachmaninow pur

KULTURVEREINIGUNG / ORCHESTERKONZERT

11.02.2010 Lange Jahre galt französische Musik international als Aushängeschild des Orchestre National du Capitol de Toulouse.

Von Horst Reischenböck

Sein langjähriger Leiter Michel Plasson (mit dem zusammen vor mehr als 25 Jahren auch einmal hier gastierte) hat das Orchester nachhaltig geformt. Das Wiedersehen unter seinem neuen Chef Tugan Sokhiev am Mittwoch (10.2.) geriet zum Triumph. Sokhiev, der vor Jahren in Litauen schon eine von Josef Wallnig betreute Produktion von Mozarts „Die Zauberflöte“ dirigierte, gelang eine bemerkenswerte Karriere. Debüts an der Met, am Mariinsky Theater, in Aix und im Teatro Real Madrid, vor Londons Philharmonia und dem Sidney Symphony Orchestra folgten jüngst Auftritte sowohl bei den Philharmonikern in Wien wie Berlin.

In Zusammenarbeit mit der Serge Rachmaninow Foundation war das Programm ausnahmslos diesem bei uns eher stiefmütterlich behandelten Komponisten gewidmet. Elfenhaftes zum Einstieg: ein von Mendelssohn beeinflusstes d-Moll-Scherzo des 14jährigen. Fünf Minuten, durchsichtig instrumentiert, und agil in fast kammermusikalischer Besetzung serviert.

Danach erst kam „der“ Rachmaninow schlechthin, sein c-Moll-Opus 18, neben Tschaikowskys erstem „das“ typisch russische Klavierkonzert. Solist Denis Matsuev, ein junger Shootingstar, ließ schon im berühmten Einstieg aufhorchen. Rachmaninow selbst „unterspielte“ diese Passage in seiner 1929, längst in die „Hall of Fame“ aufgenommenen Aufnahme: wohl, um nicht zuviel Bedeutungsschwere hineinzulegen. Denis Matsuev hingegen lässt sich weit mehr Zeit, schlüsselt sogar Akkorde in der Rechten auf, weicht aber im weiteren Verlauf genauso der Gefahr zu großer emotionaler Befrachtung aus. Gegebenenfalls stählern, ja geradezu glasklar den Steinway „schlagend“ gibt er in den Ecksätzen das Heft nicht aus der Hand. Im Adagio verlässt er sich genauso traumwandlerisch auf seine lyrisch gestalterischen Fähigkeiten. Dem jubelnden Auditorium lieferte er ein weiteres Glanzlicht pianistischen Könnens: eine geradezu aberwitzig bis an die Grenze gerade noch kontrollierbar virtuosen Anschlags führende Paraphrase über Rossinis „Barbier“-Cavatine.

Begeisterung auch nach der Pause. Erst vergangenen Sommer spielte das Duo Argerich/Freire die „Symphonischen Tänze“ am selben Ort im Original für 2 Klaviere auf. Aber eigentlich entschlüsselt erst Rachmaninows Instrumentierung seines Opus 45 alle darin enthaltenen klanglichen Ideen für ein nie verwirklichtes Ballett. An dieser Art „Tanzsymphonie“ reizte Tugan Sokhiev mit engagiert beschwörenden Gesten alle Facetten aus - und das war so recht dazu angetan, die Vorzüge des Orchesters vor Ohren zu führen, von der Konzertmeisterin bis hin zum Saxophonsolo oder den schneidenden Trompeten. Heftig erklatscht zwei weitere Zugaben: Elgars „Nimrod“ aus den Enigma-Variations und der Russische Tanz aus Tschaikowkys „Nussknacker“.

Am Freitag (12.2.) wird Denis Matsuev Rachmaninows 3. Klavierkonzert in d-Moll op. 30 spielen.
Bild: www.matsuev.ru