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Es darf wieder geterzelt werden

HINTERGRUND / NEUES „GOTTESLOB“ (3)

23/12/13 Die Rückmeldungen seien „sehr positiv“, weil im neuen Gotteslob „jeder etwas für sich finden kann“, freut sich Armin Kircher, Kirchenmusikreferent der Erzdiözese Salzburg. „Ein buntes Buch, das niemanden vor den Kopf stößt.“

Von Reinhard Kriechbaum

044Lieder – sie sind die häufigste Musikgattung im neuen Gotteslob. Versteht sich das nicht von selbst? Nein, denn Liturgen legen größten Wert legen auf anderes Gesangsgut, von Kyrie-Litaneien über Antiphonen zu den Psalmen bis zu textgetreuen Übertragungen liturgischer Texte (Gloria, Credo, Sanctus): Das schießt aber nicht ins Kraut., wird eher im österreichischen Regionalteil etwas vehementer ausgelebt. Genug Lieder also, 433 in Summe. Davon sind 190 neu aufgenommen worden. 87 fanden sich schon bisher in den österreichischen Diözesanteilen. Dazu kommen noch 24 Psalmlieder.

„Wer Anregungen für das gemeinsame oder persönliche Gebet sucht und offen ist für die große Vielfalt an kirchlichen Gesängen, wird im neuen Gotteslob eine wahre Schatztruhe finden“, so der emeritierte Salzburger Liturgie-Professor Rudolf Pacik.

Der Grazer Kirchenmusik-Professor Franz Karl Praßl: „In das neue Gotteslob wurden viel Hirnschmalz, Praxiserfahrung und Geduld investiert. Am Schluss können sich alle als Sieger fühlen.“ Alleine für den Gesangsteil seien insgesamt an die 3.000 Lieder und Gesänge gesichtet und eine ganze Reihe von Kompositionsaufträgen für liturgische Gesänge vergeben worden.

Für viele also etwas – und kein Übergewicht, auch nicht fürs Neue Geistliche Lied, mit dem man ab den siebziger Jahren versucht hat, junge Seelen zu kaufen. Sacro-Pop hat sich nicht wirklich durchgesetzt, der Fang junger Menschen via Musik durch Anbiederung wollte so nicht funktionieren. Das spiegelt sich im neuen Gotteslob (wo das rhythmische Lied auch eher im Österreichteil gelandet ist) deutlich. Klar wird da auch, dass das Votum praktischen Singens eben nicht für die modische „katholische Synkope“ (wie Kritiker zeitgeistiger rhythmischer Lieder ätzten) ausgegangen ist, sondern für eine ganz andere Richtung des Volkstümlichen: für die eingängigen Taizé-Gesänge.

Davon gibt es viel,auch Mehrstimmiges. Und von Taizé ist es letztlich gar nicht so weit zum Andachtslied des 19. Jahrhunderts, das aus dem alten Gotteslob ziemlich komplett rausgeflogen war. Jetzt finden sich wieder Lieder wie „Singt dem König Freudenpsalmen“, das in Salzburg besonders populäre „Wir ziehen zur Mutter der Gnaden“ oder der Hit überhaupt, „Segne du,Maria“. Letzteres sei, wie der Vorsitzende der österreichischen Kirchenmusikkommission Franz-Karl Praßl in einer Fachzeitschrift jüngst schrieb, das meist eingeforderte Lied gewesen. Was solche Andachtslieder aus dem vorvorigen Jahrhundert angeht, hat man mit dem ersten Gotteslob von 1975 wohl wirklich ein Defizit produziert. Nun wurde entschieden gegengesteuert.

045Das neue Gotteslob ist aber – das hebt der Salzburger Kirchenmusikreferent Armin Kircher dezidiert hervor - „kein Buch für 45 plus“: Ein Beitrag der Bischofshofener Chorleiterin Martina Mayr etwa, „Wir feiern heut ein Fest“, sei spezifisch für Kindergottesdienste geeignet. Da können auch Kinderchor und Gemeinde abwechselnd und gemeinsam singen, was allemal von den Liturgen gern gesehen ist.

Eines ist ja überhaupt auffällig: Es herrschte in den Fachgremien und Expertenkreisen, die über Jahre mit der Vorbereitung des Gesangsbuchs beschäftigt waren, ein bemerkenswertes Qualitätsbewusstsein: Mit dem alten Gotteslob musste man in den siebziger Jahren insofern Neuland betreten, als die Liturgiesprache nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil auf Deutsch umgestellt wurde. Da gab es – trotz der bestehenden Kirchenlied-Traditionen – plötzlich ein gewaltiges Text- und Lied-Vakuum. Da sind also viele Texte notgedrungen ohne langjährige Reflexion eingeflossen, und auch für manche neue Melodien (die in ihren altertümlichen Kirchentonarten eigenartig „historisierend“ wirkten) fehlte die Erprobungszeit. Nun wird sogar wieder dann und wann volkstümlich „geterzelt“ in neuen Gotteslob. Von den wirklich populären Kirchenliedern – aus welcher Epoche immer – ist so gut wie alles da. Der auffallend hohe Anteil mehrstimmigen Sätzen, auch jener an Kanons (gleich 59!) spiegelt, dass den Gotteslob-Gestaltern wohl bewusst war, dass sie auch eine musikpädagogische Mission einzulösen haben.

Pointiert gesagt: Das alte Gotteslob haben maßgeblich Laientheologen gestaltet. Diesmal waren Musiker am Werk. Das merkt man dem Buch sehr deutlich an. (Wird fortgesetzt)

Chöre aus ganz Österreich haben die Lieder des Österreich-Teils für eine vier CDs umfassende Begleit-Publikation eingesungen. - Eine Fülle weiterführender Information findet sich auf der vom Liturgischen Institut eingerichteten Seite www.gotteslob.at
Bilder: dpk-krie (1); www.kug.ac.at (1); privat (1)
Zum ersten Teil Mirni rat, kedveschni rat...
Zum zweiten Teil Vom (heiligen) Geist, der dahinter steckt

 

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