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Schöne Trauer rund um die „Bache“

BACHGESELLSCHAFT

09/06/15 An einem sehr warmen Sommerabend wie am 5. Juni ist die Pfarrkirche Mülln ein angenehm kühler Aufenthalt. Auch wenn ein Programm mit lauter Klage- und Trauermusiken von Bach und Vorgängern nicht unbedingt Erfrischendes verspricht. Doch wo kann Trauer schöner sein als wenn sie in große Musik gefasst ist?

Von Gottfried Franz Kasparek

„Lamento“ war das Motto des Konzerts mit deutschen Passionsgesängen und spirituellen Gambensonaten, welches die Bachgesellschaft gemeinsam mit dem Institut für Alte Musik der Universität Mozarteum veranstaltete. Das deutsche Lamento hatte seine Wurzeln im Werk Monteverdis. Die Gambe galt im Barock als das Instrument am Übergang zwischen Leben und Tod. Ein Gambenconsort, diesmal in verschiedenen Besetzungen von zwei bis sieben Musizierenden mit unterschiedlich großen Instrumenten in den verschiedenen Lagen, hat zweifellos mystische, meditative Wirkung, sei es in einer würdevollen Sonate Johann Rosenmüllers oder im konzisen kontrapunktischen Wunderwerk „In nomine“ des Henry Purcell. Auch als Begleitung geistlicher Lieder und Konzerte, perfekt intoniert von Albert Hartingers Collegium Vocale mit durchwegs schönen, sicher geführten Solostimmen, war das von Vittorio Ghielmi inspirierend geleitete Gambenensemble mit Studierenden in jedem Takt mit sonorer Schönheit, technischer Souveränität und feinem Gefühl zugange.

Dem großen Johann Sebastian wurde lediglich mit zwei kurzen Chorälen gehuldigt. Johann Hermann Schein und Dietrich Buxtehude waren zwei weitere bekannte Meister des deutschen Barock am Programm, wobei des letzteren „Laudate pueri, Dominum“ einen doch eher fröhlichen und brillanten Schlusspunkt setzte. Weniger bekannt ist Samuel Capricornus, der eigentlich Bockshorn hieß, aus Böhmen stammte, in Pressburg und Stuttgart tätig war und als wichtiger Vermittler zwischen Schütz und Bach gilt. Sein „Salve Jesu“ für Sopran und Gamben ist freilich eine Kennern geläufige Kostbarkeit und innig empfundenes Gotteslob.

Bach, das ist halt J.S. und der wird es immer bleiben, und doch ist dies ziemlich ungerecht nicht nur den Söhnen des Thomaskantors, sondern auch der älteren Verwandtschaft gegenüber. Bach war ja in Thüringen ein Synonym für Musiker. Doch wann hört man schon Stücke von Johann Ludwig Bach oder von Heinrich Bach? Ersterer, der „Meininger Bach“ war ein entfernter Vetter Johann Sebastians und wurde von diesem bewundert.

Dass überhaupt Stücke Johann Ludwigs erhalten blieben, ist zu einem Gutteil „dem“ Bach zu verdanken, der sie in Leipzig aufführte und die Partituren sammelte. Die Motette „Unsere Trübsal“ ist tatsächlich ein vollendetes Vokal-Lamento auf der Höhe der Zeit um 1700. Auch von Großonkel (oder so) Heinrich Bach, dem Stammvater der Arnstädter Bach-Linie, sind nicht mehr viele Noten da. Was sehr schade ist, denn besonders das Geistliche Konzert „Ich danke Dir Gott“ zeichnet sich durch ergreifende Schlichtheit des Ausdrucks bei gleichzeitiger harmonischer Kunst und eigentümliche Klangfarben aus.

Johann Christoph Bach wiederum sollte man nicht mit dem „Bückeburger“ Bach-Sohn verwechseln, dazu fehlt dessen dritter Vorname Friedrich - er war der älteste Sohn Heinrichs, Organist, Almosenamtsvorsteher in Eisenach und ebenfalls ein phantasievoller Meister seiner Zeit. Diese feine Reise durch eine der erstaunlichsten Familienchroniken der Musikgeschichte machte Lust auf mehr. All dies fügte sich aufs Erbaulichste zu besinnlichen eineinhalb Stunden und wurde herzlich bedankt. Dass nachher noch ein gutes Gläschen im geöffneten Friedhofsgarten getrunken werden konnte, führte aufs Schönste in die laue Sommernacht hinein.

 

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