FÜNFZIG JAHRE OENM 

12/06/25 Es ist eines der wichtigsten Ensembles für zeitgenössische Musik national und international. Mit sechs BMWs und dem Hupkonzert von Moritz Eggert beginnt am Samstag (14. 6.) das Festkonzert zum Fünfziger des Österreichischen Ensembles für Neue Musik œnm. Gottfried Franz Kasparek hat die fünfzig Jahre akribisch aufgearbeitet.

Von Gottfried Franz Kasparek

Die Geburtsstunde des „Österreichischen Ensembles für Neue Musik“, damals ÖENM abgekürzt, schlug am 14. Juni 1975 im Publikumsstudio des ORF Salzburg. Unter der Leitung des Ensemblegründers Klaus Ager spielten der Klarinettist und Mitbegründer Ferenc Tornai, der Gitarrist Wolfgang Guttmann, Genroh Hara auf der Posaune, Laura Spitzer Klavier und Hermann Urabl Schlagzeug. Dazu kam die Sopranistin Marianne Rainer.

Das Programm zeichnete das Repertoire des Ensembles bis heute vor. Zu zwei Werken Agers („Silences VII“ und „Le combat avec l’ange“) kamen ein Klassiker der Moderne (Anton Weberns Drei Lieder für Gitarre, Es-Klarinette und Sopran) sowie zwei weitere Zeitgenossen: Vinko Globokar („Correspondances“) und Luciano Berio („Rounds“ und die Sequenza für Posaune). Ein anspruchsvolles Konzert am Puls der Zeit.

In der Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des ÖENM von 1985 schrieb Klaus Ager: „Ferenc Tornai und ich fassten im Herbst 1974 den Plan, ein auf neue Musik spezialisiertes Ensemble zu gründen. Der hauptsächliche Grund dafür war die desolate Situation der Neuen Musik zu dieser Zeit in Salzburg.“ Die einmal klein und einmal groß geschriebenen Neue Musik, vielleicht bloß ein Druckfehler, darf gleichwohl als Chiffre für die Bandbreite des Repertoires gelten, finden sich in der Liste der aufgeführten Werke zwischen 1975 und 1985 doch Cesar Bresgen neben Pierre Boulez, Alfred Schnittke und Kurt Schwertsik, Jenö Takacs und Karlheinz Stockhausen, die Schönberg-Schule und Olivier Messiaen.
Die aufgeführten Salzburger Komponisten bildeten jahrzehntelang und bis in die Gegenwart einen wichtigen Bereich des Repertoires – von Anfang an gelangten viele Stücke zur Uraufführung. Die Broschüre zum zehnjährigen Jubiläum 1985 nennt in Auswahl bereits folgende Namen: Klaus Ager, Robert Crow, Helmut Eder, Heimo Erbse, Herbert Grassl, Josef Maria Horvath, Johannes Kotschy, Andor Losonczy, Rolf Maedel, Alexander Müllenbach, Wolfgang Niessner, Wolfgang Pillinger, Peter Revers, Franz Richter-Herf, Boguslaw Schaeffer, Hartmut Schmidt, Gerhard E. Winkler.

Bis zur Gegenwart hat das Ensemble weit mehr als 300 Stücke uraufgeführt. Von 1977 bis 1985 fanden etwa 150 Konzerte des ÖENM in fast allen Ländern Europas statt, besonders in Skandinavien und Frankreich, später kamen Korea und Ägypten dazu.
Die rege Gastspieltätigkeit setzte sich auch fort, nachdem Klaus Ager die Leitung des Ensembles 1988 abgegeben hatte. Von 1988 bis 1997 stand der Komponist und Dirigent Herbert Grassl dem ÖENM vor und setzte die kontinuierliche Arbeit in Salzburg und die Tourneetätigkeit erfolgreich und mit Charisma fort. 1991 entwickelte Herbert Grassl zusammen mit dem Salzburger Bildenden Künstler Otto Beck die Klangmobile. Mit diesen bespielbaren, pedalangetriebenen Dreirädern wurde im Rahmen der Aspekte 1991 John Cage vom Flughafen Salzburg eskortiert. Anschließend gab es Stadtbespielungen u.a. in Salzburg, Dresden, Maastricht, Arnheim, Bozen, Wien, Villach, in Seoul im Rahmen der IGNM Weltmusiktage und zuletzt 1999 in Bregenz.

Eine Anzahl von Kompositionen wurde für offene Räume konzipiert, auch das Projekt Salzacharche von Otto Beck. Das ÖENM spielte in diesen Jahren regelmäßig bei den Aspekten und in der „Nacht der Komponisten“, als eine neue Spielstätte hatte sich das Künstlerhaus bewährt. Eine ebenso kleine wie treue Fangemeinde, zu der sich ab 1988 auch der Schreiber dieser Zeilen zählen durfte, bildete das Publikum in Salzburg.

Der Wandel der Zeit verlangt sich wandelnde Signale, wie die Verwandlung des Kürzels für „Österreichisches Ensemble für Neue Musik“ in den letzten beiden Jahrzehnten verdeutlicht: ÖENM, OENM, œnm.

1997 übernahmen der Geiger Frank Stadler und der Cellist Peter Sigl die Leitung, Ausdruck auch eines natürlichen Generationenwechsels im Ensemble – wozu zu bemerken ist, dass der bis heute dem œnm verbundene Herbert Grassl in dieser Beziehung rechtzeitig die Weichen in die Zukunft gestellt hat. Herbert Grassl war es, der junge Leute von der damaligen Musikhochschule Mozarteum zur Neuen Musik und in sein Ensemble brachte.

In den Jahren 1999 und 2000 wurde nach dem im Ensemble erfolgten Generationswechsel die Basis für den Höhenflug der folgenden Jahrzehnte geschaffen. Im Frühjahr 1999 gab es unter anderem ein Geburtstagskonzert für und mit Alexander Müllenbach im Künstlerhaus und am selben Ort die von Müllenbach dirigierte „Nacht der Komponisten“ mit Uraufführungen von Stücken von Arteom G. Denissow, Michael Edwards, Wolfgang Danzmayr und Michael Trippolt. Im Juni fuhren nach dem ersten Konzert des Ensembles beim ersten stART-Festival in Salzburg, welches die folgenreiche Begegnung mit dem Dirigenten und Komponisten Johannes Kalitzke brachte, noch einmal die Klangmobile rund um ein Konzert im Kunsthaus Bregenz – gesteuert unter anderem von den Erfindern Grassl und Beck. Die kontinuierliche Zusammenarbeit mit der Internationalen Sommerakademie der Universität Mozarteum führte zu zwei „Festspielkonzerten“ im Sommer 2000 im Künstlerhaus und im Großen Saal des Mozarteums, mit Simone Fontanelli am Pult und dem Werk von Franco Donatoni im Mittelpunkt. Im folgenden Jahr wurde u.a. Wolfgang Rihms Kammeroper „Jakob Lenz“ aufgeführt – dabei präsentierte sich das œnm erstmals als „Opernorchester“ in größerem Rahmen. (Wird fortgesetzt)

1975 – 2025 œnm . ein revival – Samstag (14.6.) 18 Uhr und 19.45 Uhr Salzachufer und œnm Atelier im Künstlerhaus mit Werken von Eggert, Berio, Gubaidulina, Grassl, Burkali under der Uraufführung eines Werks von Ensemblemitbegründer Klaus Ager – es spielt das œnm unter der Leitung von Alexander Bauer – Zählkarten erforderlich  oenm.at
Bilder: oenm / Peter Beer (1); www.klausager.eu (1)
Zur zweiten Folge Sechs Hupen für ein Alleluja
Zur dritten Folge Aus dem Atelier auf die großen Podien