Ein feines Cello in farbenfroher Umgebung
OSTERFESTSPIELE / ORCHESTERKONZERT I
15/04/25 Als Dirigent ist Esa-Pekka Salonen bestens vertraut mit dem Orchesterklang. Als Komponist kann er daher sehr kundig in die Farbtöpfe langen. Sein Cellokonzert, am Montag (14.4.) im Großen Festspielhaus erstmals in Österreich zu hören, lebt denn auch von dem sinnlichen, die Ohren lockenden Orchesterklang.
Von Reinhard Kriechbaum
Das Erstaunliche: Trotz Riesenbesetzung ist dieser vielfarbene Orchesterteppich so leicht gewebt, dass das Solocello – hier gespielt von Senja Rummukainen – jederzeit durchkommt. Wie spontan erfunden wirkt die Cellostimme im Eröffnungssatz. Sie greift von kleinen Floskeln und Tonschritten allmählich aus, stets umschwirrt, umflimmert von den polychrom gemischten Orchesterfarben. Ein anregendes Auf und Ab und Hin und Her.
Die Überraschung dann im zweiten Satz: Esa-Pekka Salonen begnügt sich nicht mit dem großen Orchester, er nutzt auch noch Möglichkeiten der Live-Elektronik. Ein kräftiges, empathisches Motiv im Solocello kehrt als Loop wieder, die Solistin darf eine gute Weile wie selbstvergessen quasi mit sich selbst in Dialog treten. Dann treten ganz zurückhaltend die Altflöte und leise Beckenwirbel hinzu, auch ein paar Harfentöne. Das verdichtet sich nach und nach, bis das Orchester schließlich als Ganzes schier wollüstig sich einmengt.
Und auch fürs Finale ist dem Komponisten etwas Originelles eingefallen. Plötzlich ist's eine Art Doppelkonzert: Die Solostimme ergeht sich so recht kribbelig und rasant in halsbrecherischen Läufen, während ein Schlagzeuger, ebenfalls vor dem Orchester positioniert, auf Congas und Bongos nachhaltige rhythmische Impulse einbringt. Man braucht auch da, wiewohl das Orchester energisch mitmischt, nicht zu bangen um die Solistin. Senja Rummukainen setzt sich spielerisch durch, auch wenn immer wieder feine Lyrismen angesagt sind mitten im Wirbel. Und am Ende nochmal eine technische Pointe. Da zieht sich die Solostimme förmlich zurück in sich selbst, verlöscht geradezu, während die Elektronik noch allerlei nette Girlanden bereit hält.
Stilistisch passt Esa-Pekka Salonens Cellokonzert in keine Schublade, es ist eine selbständige, unorthodoxe, gewiss nicht verkopfte, sondern sinnliche Tonsprache. Insofern passte das sehr gut zu Sibelius' 1902 uraufgeführter Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 43. Auch das ist keine rückwärts gewandte Musik, Sibelius war eben ein Individualist, der sich nicht hat beirren lassen von der damals etwas übehitzten Musik des Fin de siècle.
Waren bei uns tonale Auflösungstendenzen und Aufbrüche in neue Welten angesagt, ging Sibelius unbeirrt seinen eigenen Weg, auf fest gepflastertem Boden der alten Tonordnung. Nähert man sich der Zweiten so sachlich und formale Übersicht vermittelnd wie Esa-Pekka Salonen, entdeckt man genug Eigenes in dem Stück, das auch dunkle Töne fast im Tschaikowsky-Sound hören lässt. Das Finnish Radio Symphony Orchestra hat sich da merklich mehr daheim gefühlt als am Abend zuvor bei Mahler. Hier entwickelten die Streicher plötzlich Klang und Schmelz. Ein Applaustreiber allemal das Finale mit seinen gefühlten zwanzig Schluss-Episoden. Immer folgt ein mögliches Ende und noch eines. Das hat man in steter Steigerung dramaturgisch einnehmend, ohne Ermüdung hingekriegt.
Große Zugabenfreude: Man bedankte sich mit dem Alla marcia-Satz aus Sibelius' Karelia-Suite und mit seiner Valse triste, beides klanglich höchst delikat und mit feinen Rubati belebt. Und auch die Cellistin hatte ein Stück von Sibelius dabei, Thema und Variationen in d-Moll. Ein gelungenes auswärtiges Heimspiel für die Finnen.
Im Hörfunk am 25. April, 19.30 Uhr, Ö1
Bilder: Osterfestspiele Salzburg / Erika Mayer (1); www.senjarummukainen.com / Eeva+Suutari (1)