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Vier Josefs für die lebende Krippe

REISEKULTUR / ADELSBERGER GROTTE

19/12/19 Mit 1,5 Kilometern Länge wäre die lebende Krippe in der Tropfsteinhöhle im slowenischen Postojna – auf Deutsch Adelsberger Grotte – wahrscheinlich reif fürs Guiness Buch der Rekorde. Aber auf die Idee eines Eintrags scheint noch niemand gekommen zu sein.

Von Wolfgang Stern

Insgesamt ist der Weg durch das Höhlensystem von Postojna (das zweitgrößte der Welt, wie Touristiker versichern) fünf Kilometer lang, aber die ersten 3,5 km legt man mit einem kleinen Zug zurück. Eine Eisenbahn gibt es hier schon seit 1872 – es war damals die erste Feldbahn in einer Tropfsteinhöhle. wurde in der Höhle von Postojna die weltweit erste Eisenbahn in einer Tropfsteinhöhle.

Schon auf dieser Strecke lösen Beleuchtungseffekte in allen Farben Bewunderung aus. Was ein ordentliches Naturwunder ist, das will heutzutage inszeniert sein, da macht die Postojna Jama, eine der gefragtesten slowenische Touristenattraktionen, auch das Jahr über keine Ausnahme. Ab 25. Dezember ist der Andrang besonders groß, da mutiert die Höhle für sechs Tage zur lebenden Weihnachtskrippe.

Im Jahr 1989 hat man das zum ersten Mal gemacht, heuer ist also 30-Jahre-Jubiläum. Damals war das die erste lebende Krippe in Slowenien. Was in Erl, Thiersee oder Oberammergau die Passionsgeschichte, ist diese Weihnachtsszenen-Installation für Postojna, natürlich in kleinerem Format, was die Zahl der Mitwirkenden angeht. 150 Einheimische schlüpfen jedes Mal in die Kostüme des magischen Theaters Serpentes. Dafür gibt es schon im Spätsommer Castings: Die Standbilder und kleinen Szenen verlangen nach den rechten Charismatikern, und dem muss ehzeitig nachgeholfen werden. Die beteiligten Männer sind im Herbst keine gute Kundschaft für Rasierschaum.

In vier der sechzehn Szenen kommt der heilige Josef vor. Da kann natürlich nicht ein Darsteller von Station zu Station hirschen. Es braucht deren vier, und die müssen einander zum Wiedererkennen ähnlich schauen. Die Nazarener-Bärte und -Haare müssen den Herbst über anwachsen.

Gut, dass es auch in Slowenien Migranten gibt. So braucht man sich keine Sorgen zu machen, dass der Mohr unter den Heiligen Drei Königen zu Schuhcreme greifen muss. Es ist ein echter Nigerianer. Blonde Haare – das ist das Vorrecht der Engel. Maria sollte eine dunkelhaarige junge Frau sein. Als der Teenie, der über Jahre in diese (natürlich auch mehrfach besetzte) Rolle schlüpfte, sein persönliches Outfit änderte und erblondete, musste die junge Dame sich mit einem Downgrade zum Engel abfinden.

Ein Schelm, wem zu einer solchen biblischen Weihnachtsinszenierung das Wort Kitsch einfällt. Der ist bekanntlich Auslegungs- und Empfindungssache. Der Wirkung arbeitet man jedenfalls mit 2.100 Spots und Scheinwerfern mächtig zu. Ein ähnlich effektsicheres Bühnenbild wie jenes aus Stalaktiten und Stalagmiten, tropfsteinernen Vorhängen und bizarren Formationen muss man erst finden.

Insgesamt leben im Höhlensystem von Postojna 175 Tierarten. 115 davon kommen ausschließlich in Höhlen vor. Wie denken eigentlich die Tiere über den weihnachtlichen Rummel? Immerhin haben bereits rund 40 Millionen Menschen die Adelsberger Grotte besucht. Den Grottenolm selbst wird’s nicht so treffen, denn der ist blind. Und die anderen Tierarten finden in den weitläufigen Höhlen – 24 Kilometer in Summe – auch Rückzugsorte.

Der Rundgang ist nicht beschwerlich, ist sogar für Rollstühle und Kinderwägen geeignet. Bequeme Kleidung und Sportschuhe werden trotzdem empfohlen. Kalt wird es einem nicht, denn es ist in dieser Jahreszeit drinnen wärmer als draußen: Die Höhle hat eine Dauertemperatur von plus zehn Grad. Die Einmaligkeit dieser Schau tief im Berg und inmitten der phantastischen Tropfsteingebilde, die vielfach Namen haben, sollte einen Besuch mit Familie anregen. Wenn es die Massen an Besuchern zulassen, dann sind leuchtende Kinderaugen garantiert.

Lebende Krippe in der Postojnska Jama (Adelsberger Grotte) von 25. bis 30. Dezember  – www.postojnska-jama.eu
Bilder: Park der Höhle von Postojna

 

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