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Götter im Zelt, Opernbesucher im Neo-Rokoko

GENF / DAS RHEINGOLD

15/02/19 Nach dreijähriger Renovierung wurde das Grand Théâtre de Genève mit der Wiederaufnahme von Richard Wagners Rheingold in der Regie von Dieter Dorn wiedereröffnet. Restauriert wurden unter anderem die Neo-Rokoko Foyers. Zusätzlich wurden Proben- und Arbeitsräume geschaffen.

Von Oliver Schneider

Ein krasser Gegensatz bot sich dem Auge früher im Genfer Opernhaus. Die elegante Fassade und die prachtvoll dekorierten Foyers der Étage noble schürten Erwartungen, welche die nüchterne Ästhetik der sechziger Jahre im Bühnentrakt und Zuschauerraum – die Originalgebäudeteile waren 1962 einem Brand zum Opfer gefallen – mit seiner architektonisch interessanten Deckenbeleuchtung nicht erfüllen konnte. Den Zuschauerraum hat man zwar jetzt nicht optisch aufgefrischt, aber immerhin die den Himmel darstellende Decke so neu elektrifiziert, dass man sich als Zuschauer wirklich wie unter der Milchstrasse vorkommt.

Im Foyertrakt wurden Kassettendecken wieder freigelegt, Parkettböden und Deckenmalereien rekonstruiert. In der Étage noble hat man die ursprünglichen Farben wiederhergestellt, die Fresken gesäubert und restauriert, sodass die Säle auch bei abendlichem Kunstlicht hell und natürlich glänzen. Die Restaurierung hat auch Abhilfe in den beengten Arbeitsräumen gebracht, im Untergeschoss wurden unter anderem neue Probesäle und Garderoben geschaffen, und es wurde in zeitgemäße Brandschutztechnik investiert.

Noch-Hausherr Tobias Richter kann sich auf die Fahne schreiben, nicht nur den gesamten Umbau gemanagt, sondern den Spielbetrieb mit einem adäquaten Repertoire, für welches das Grand Théâtre nicht ideal ist, in einem privat finanzierten, provisorischen Holztheater ohne Einschränkung aufrechterhalten zu haben. Ab der nächsten Saison wird Aviel Cahn die Leitung des zweitgrößten Opernhauses der Schweiz übernehmen. Cahn leitet zurzeit noch die Flämische Oper Antwerpen.

Als erstes nun also Das Rheingold, mit dem Dieter Dorn vor fast genau sechs Jahren seinen in erster Linie nacherzählenden Ring-Zyklus begonnen hatte. Mit stimmlich frischen, Rollschuh fahrenden Rheintöchtern, die den tollpatschigen, scheinbar sympathischen Alberich (dämonisch der bisherige Rheingold- / Walküre-Wotan Tom Fox) auf dem mit großen Schachteln verstellen Flussboden necken, bis er das strahlende Rheingold an sich reißt und die Frauen frierend zurücklässt. Die Götter campieren noch provisorisch im Zelt und studieren die Baupläne von Walhall. Jürgen Rose hat in der Inszenierung mit den zu erwartenden Farben gearbeitet: Weiss und Hellblau für die Götterwelt, Schwarz für Nibelheim. Dorthin führt der Pirouetten-drehende, schlaue Loge den macht- und goldgierigen Wotan, damit dieser sich die nötigen Mittel für die Schuldentilgung bei Fafner und Fasolt und die Auslösung Freia ergaunern kann. Stephan Rügamer gibt einen agilen, prägnanten und vor allem wortdeutlichen Loge. Tómas Tómasson ist neu im ganzen Zyklus der Göttervater und verleiht dem Rheingold-Wotan herrische Kraft. Ruxandra Donose gibt die berechnende Ehefrau Fricka mit fokussiertem Mezzosopran.

Immer noch sehr eindrücklich wirkt die letzte Szene nach dem Auslösen Freias (mädchenhaft Agneta Eichenholz) gegen das Nibelungengold, an dessen Ende die Götter im schwarzen Ballon nach Walhall schweben. Die dunklen Wolken, vor denen die allwissende Erda (zu wenig Präsenz Wiebke Lehmkuhl) gewarnt hatte, ziehen mit ihnen ins neue Heim.

Georg Fritzsch, langjähriger Generalmusikdirektor des Theaters Kiel, hat das Dirigat von Ingo Metzmacher übernommen. Er sorgt in erster Linie für eine sängerfreundliche Begleitung und setzt deshalb – wie bereits Metzmacher – auf ein schlankes Klangbild. Ein bisschen mehr mitreißen dürfte das Orchester allerdings schon, gerade wenn Alberichs Sklaven sein Gold zu Wotan ans Tageslicht schleppen müssen. Deutlich hörbar war am Premierenabend aber, wie sorgfältig das Orchestre de la Suisse Romande mit seinem hellen Klang auf diesen besonderen Abend vorbereitet war.

Drei komplette Ringzyklen bis 17. März – www.geneveopera.ch 
Bilder: GTG / Carole Parodi

 

 

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