Johnny, Sam und Salzkammergut-Geister

HINTERGRUND / ST. WOLFGANG

30/07/23 Viele Namen aus Literatur und Musik verknüpft man mit dem Salzkammergut. Endlos ließen sich Geschichten erzählen über die Sommerfrischler dort und ihre Beziehungen zueinander. Wer einem freilich nicht sofort einfiele: Samuel Barber und Gian Carlo Menotti.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Komponisten und Lebensgefährten Samuel Barber (1910–1981) und Gian Carlo Menotti (1911–2007) verbrachten zwischen 1934 und 1937 mehrere Sommermonate am Wolfgangsee. Im Sommer 1936 waren es offensichtlich besonders kreative Tage für die beiden jungen Künstler. Menotti wurde hier zu seiner Kammeroper The Medium angeregt, die es auf rund zweihundert ausverkaufte Vorstellungen am Broadway bringen sollte.

Die Idee zu dem Werk über eine Wahrsagerin, die von der Angst vor einem Gespenst eingeholt wird, kam Menotti im sogenannten Wallnerhaus in St. Wolfgang. Dort, wo nun schon in der 17. Generation die gleichnamige Familie als Lebzelter, Wachszieher und Kaffeesieder zuerst die „Wolfgang-Pilger“ und bis heute Einheimische wie Gäste bewirten, nahmen Menotti und Barber an einer Séance teil.

Den nachhaltigen Eindruck dieses illustren Abends verarbeitete Gian Carlo Menotti zehn Jahre später, als er von der Columbia University den Kompositionsauftrag für eine Oper erhielt. The Medium war erst gar nicht so erfolgreich, aber dann berichtete die New Yorker Presse über das wohlwollende Urteil Arturo Toscaninis, der angeblich gleich drei Aufführungen in Folge besuchte. Schließlich lief The Medium am Broadway über ein halbes Jahr vor ausverkauftem Haus und brachte es auf über zweihundert Aufführungen. Menotti selbst führte 1951 bei der Verfilmung der Oper Regie und erhielt dafür einen Sonderpreis bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 1952.

Samual Barber seinerseits schrieb hier sein Adagio für Streicher. Das achtminütige Stück war ursprünglich der zweite Satz eines Streichquartetts. Menotti schickte eine Version, die er für Streichorchester arrangiert hatte, an Arturo Toscanini, der das Stück bekannt machte.

Das war also ziemlich am Beginn der vier Jahrzehnte währenden Partnerschaft von Samuel Barber und Gian Carlo Menotti. Der Italiener hatte auf Rat Toscaninis als Siebzehnjähriger das Studium am Curtis Institute in Amerika aufgenommen. Dort verliebte er sich in den um ein Jahr älteren Samuel Barber. Sie blieben Gefährten und pendelten bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zwischen den USA und Italien. Schließlich kauften sie gemeinsam ein Haus in Mount Kisco, New York, das sie Capricorn nannten und von 1943 bis 1973 gemeinsam bewohnten. Das Haus verfügte über zwei unabhängige Ateliers, eines für jeden Komponisten. Viele Werke entstanden in gemeinsamer Arbeit, beispielsweise schrieb Menotti das Libretto zu Barbers Oper Vanessa.

Die Beziehung zwischen „Johnny“ und „Sam“ ist schließlich in Brüche gegangen, weil Menotti sich zu deutlich jüngeren Männern hingezogen fühlte. Barber verfiel in Depressionen. Er verfügte, dass Menotti dereinst einst neben ihm beigesetzt werde. Andernfalls sollte auf der leeren Grabstelle ein Schild mit der Aufschrift „Dem Andenken zweier Freunde“ angebracht werden. Barber starb 1981. Menotti sollte ihn über ein Vierteljahrhundert überleben, er starb 2007 und wurde in Schottland beigesetzt.

Zurück an den Wolfgangsee: Dort wird Thomas Hampson am 2. August an besagtem Wallnerhaus eine Gedenktafel enthüllen. Im Rahmen des KIRCH’KLANG Festival Salzkammergut, wird es zu dem Anlass auch ein Konzert in der Pfarrkirche St. Wolfgang geben. Thomas Hampson singt Lieder von Samuel Barber, das Auner Quartett wird das Adagio for Strings spielen. Gian Carlo Menotti wird im Programm mit Werken für Orgel, Streichquartett und Harfe vertreten sein.

Konzert am 2. August um 18 Uhr in der Pfarrkirche St. Wolfgang – www.kirchklang.at
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