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Wirbelig aufgeschäumte Offenbachiade

BAD ISCHL / LEHÁR-FESTIVAL / PARISER LEBEN

23/07/19 Mit seiner zweiten diesjährigen Premiere heuer, Pariser Leben, gedenkt das Lehár-Festival Bad Ischl des 200.Geburtstags von Jaques Offenbach. Operette oder komische Oper?

Von Elisabeth Aumiller

Eigentlich keines von beiden, vielmehr eine Reihung prachtvoller musikalischer Nummern. Dazu unterhaltsame Szenenbilder frivoler Liebeständeleien, die in ihrer chaotischen Verrücktheit nur schwerlich als ansprechend durchschaubare Handlung durchgehen können. Für das originale La vie parisienne zeichnen immerhin keine Geringeren als Henri Meilhac und Ludovic Halévy, die Librettisten von Bizets Carmen, verantwortlich.

Aber für die Bad Ischler Erstaufführung ist Pariser Leben komplett neu übersetzt und bearbeitet worden. Der Regisseur Markus Kupferblum verbandelt Pariser Flair mit Bad Ischler Festival-Kolorit. Dabei ist das zündende Element die voller Lebenslust pulsierende Musik, die das szenische Geschehen mitreißt und vor allem im zweiten Teil zum kunterbunten Komik-Spektakel werden lässt.

Marius Burkert liefert mit dem Lehár-Orchester den Leitfaden an klanglichem Schwung und brisanter Rhythmik. Das Bühnenbild von Toto ist mehr Zweck-Kulisse als von Pariser Charme geprägt, aber seine Kostüme sind ein farbenfroher Mix von elegant bis frech, von leicht geschürzt bis stoffüppig, von originell bis zünftig. Regisseur Markus Kupferblum führt seine Darsteller, Solisten wie Chor, in jeder Bewegung, in jedem Detail. Pralles Gewusel füllt mal wichtigtuerisch, mal amüsant die Bühne. Mit unermüdlichem Einsatz sind Sänger, Choristen und Tänzer (in der spritzigen Choreografie von Lisa Tatzber und Thomas Poms) gefordert. Die Tanzszenen bringen einen Rausch an Beweglichkeit und gipfeln im angepasst variierten Cancan. Mit Elan und Spaß am Spiel werden die Facetten von Frivolität, Persiflage, tänzerischer Rasanz und gesanglichem Glänzen aufbereitet.

Offenbach hat in seinen Werken immer auch aktuelle Gesellschaftskritik eingebaut. Somit aktualisiert Markus Kupferblum die Dialoge als eine Art „Ischler Fassung“, die auf humorige Weise aktuelle politische und soziale Widrigkeiten und Ungereimtheiten persifliert. Da geht es unter anderem um den Streik der Eisenbahner, um Schienenersatzverkehr, um klimatische Anliegen, um das unschädliche Rauchen in Lokalen, um Wahlkampfspenden, die in dunklen Kanälen versickern oder warum einer, der blau ist, alles rosig sieht und derlei mehr.

Gesungen wird insgesamt bemerkenswert gut und alle zeigen zudem darstellerische Intensität und Lust am Spiel. Blaublütig mit Sopranspitzen gibt sich Alexandra Reinprecht als schwedische Baronin Ebba von Gondremark. Ihren Ehemann Baron von Gondremark, der nach Paris kommt, um sich zu amüsieren, mimt Gerd Vogel als wendiger Charakterdarsteller ausgefeilt im Detail und mit imponierendem Bariton. Gute Figur machen Daniel Jenz und Ivan Oreščanin als Lebemänner Raoul de Gardefeu und Bobinet Chicard. Brillant, voller Lust am Spaß und mit gesanglichem Profil punktet Matthias Störmer in der Dreifachrolle des überdrehten Tirolers Peter Stanglmeier, des fanatischen Schusters Jean Frick und des ausgelassenen Brasilianers Pompa. Julia Sturzlbaum gefällt als fesches Zimmermädchen Pauline, Verena Barth-Jurca überzeugt als flotte Handschuhmacherin Gabrielle und Christine Marie Riedl zieht im sprachlichen Nirgendwo ihre Kreise als kapriziöse Metella. Die kleineren Rollen sind ergänzend passend besetzt. Der Kaiser Kurt Schreibmayer kommt noch schnell vom Weißen Rössl herüber, beäugt die tumultöse „Table d'Hôt“ und meint, „mir bleibt doch nichts erspart“. Große Versöhnung aller Paare am Ende, in die der Jubel vom Publikum einstimmt.

Im oberen Foyer des Kurhauses ist heuer die Ausstellung Operettenmenschen – Die Magie der Melodie im Auslöser des international mehrfach ausgezeichneten Wiener Fotografen Stephan Huger zu besichtigen. Eindrucksvolle Porträtfotos zeigen unter anderem Waltraud Haas, Alfons Haider, Susanna Hirschler, Yvonne Kálmán, Robert Meyer, Harald Serafin, Helga Papouschek, Kurt Schreibmayer, Ramesh Nair.

Pariser Leben ist bis 25. August beim Lehàr-Festival in Bad Ischl zu sehen. Eine dritte Premiere gibt’s noch: Lehárs selten gespielte „Clo-Clo“ am 10. August – www.leharfestival.at
Bilder: Lehár Festival / Foto Hofer

 

 

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