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Ein Hauch von Erotik und Exotik

WIEN / BELVEDERE / KLIMT

24/03/21 „Letzte Werke eines Künstlers umgibt immer eine besondere Aura“, sagt Belvedere-Chefin Stella Rollig. Die Dame mit Fächer und Die Braut sind mutmaßlich wirklich die letzten Leinwände, an die Klimt vor seinem Tod den Pinsel angesetzt hat. Nun sind sie im Wiener Belvedere zu sehen, nebst anderen Spätwerken Klimts.

Wer genau die Dame mit Fächer war, wissen wir leider nicht. Ein Modell wohl, denn das Bild entstand im Auftrag von irgendjemandem. In den düsteren Jahren des Ersten Weltkriegs – Gustav Klimt wusste gewiss um den Niedergang jener Gesellschaftsschicht, die seine Kunst hoch hielt – huldigte der damals zurückgezogen lebende ein letztes Mal seinem Lieblingsthema, der „schönen Wienerin“.

„Es überrascht, dass ein Gemälde von so lichter Farbigkeit und knisternder Erotik von einem zurückgezogen lebenden Melancholiker gemalt wurde“, sagt Kurator Markus Fellinger: „Klimt betrieb die Malerei aber als Heilmittel gegen die Widrigkeiten des Lebens. Dass er mitten im Ersten Weltkrieg solche Bilder malte, wurde und wird häufig als dekadent empfunden. Klimt sah seine Aufgabe aber nicht in einer Kritik der Verhältnisse, sondern darin, der düsteren Wirklichkeit eine Vision der schönen Dinge des Lebens entgegenzusetzen: Farben, Harmonie, Liebe, Erotik.“

An Erotik fehlt es gerade der Dame mit Fächer nicht. Der linke Ärmel des Kleids ist von der Schulter gerutscht, gibt vielleicht mehr vom Busen frei, als damals als schicklich galt. Aber dafür gab’s zum verheißungsvollen Verbergen ja den Fächer. Selbstbewusst schaut die Dame mit der kessen Stoppellocken-Frisur am imaginären Betrachter vorbei.

Warum wissen wir dass die Dame mit Fächer sein allerletztes Porträtbild ist? Klimt hatte am 11. Jänner 1918 einen Schlaganfall erlitten und war an dessen Folgen am 6. Februar gestorben. Auf einem kurz danach entstandenem Foto seines Ateliers sieht man zwei Staffeleien, eben mit der (beinahe fertiggestellten) Dame mit Fächer und dem Gemälde Die Braut. Während letzteres Bild sich bereits seit 1971 als Dauerleihgabe im Belvedere befindet, war Dame mit Fächer zuletzt im Jahr 1920 in Wien ausgestellt und seit 1994 nicht mehr öffentlich zu sehen.

Diese beiden Bilder werden jetzt gemeinsam mit anderen Spätwerken – etwa Amalie Zuckerkandl, Adam und Eva und Dame in Weiß – gemeinsam präsentiert. Im Oktober wird man die Ausstellung verändern und um eine weitere Facette ergänzen: Dieses neue Kapitel wird dann Klimts Affinität zu ostasiatischen Kunststilen beleuchten.

Kurz vor seinem Tod ist Gustav Klimt in eine neue Schaffensphase aufgebrochen. Er nahm expressive Elemente der „Jungen Wilden“ seiner Zeit auf und blieb doch der eigenen Handschrift treu. Der Stil des Spätwerks ist Klimts Antwort auch auf das Schaffen von Künstlern wie van Gogh, Matisse und Gauguin. Daher also auch der Einfluss von Exotismen. Er griff Elemente wie die starke Leuchtkraft der Farben und den offenen, skizzenhaften Pinselstrich auf und erzeugt dadurch eine expressive Ausdrucksform. Obwohl er in seinen letzten Gemälden auf den Einsatz von Blattmetall verzichtete, blieb er der formalen Errungenschaft seiner Goldenen Periode treu: der Neuinterpretation des Tafelbildes als materielles Objekt im Sinne eines kostbaren Schmuckstücks.

Allemal interessant, den Besitzer-Weg eines solchen Kunstwerks nachzuverfolgen. Die Dame mit Fächer war wurde im Jahr 1920 als Leihgabe des Industriellen Erwin Böhler in der Kunstschau in Wien ausgestellt. Noch im selben Jahr wurde es zu seinem Bruder Heinrich Böhler in die Schweiz gebracht, wo es bis in die 1960er-Jahre im Besitz der Familie verblieb. Zeitweilig im Bestand der Sammlung Rudolf Leopolds, befand sich das Bild seitdem in unterschiedlichem Privatbesitz. Es wurde 1981 in Tokio und 1992 in Krakau öffentlich gezeigt. Wem es jetzt gehört, wird nicht verraten. Bestünde akuter Restitutions-Verdacht? Jedenfalls sei es notwendig gewesen, dem derzeitigen Besitzer eine Amnestie für die Dauer der Ausstellung zu gewähren, heißt es. Schließlich will er die reizvolle Dame wiederhaben. (Belvedere/dpk-krie)

Dame mit Fächer. Klimts letzte Werke. Bis 13. Februar im Oberen Belvedere - www.belvedere.at
Bilder: Belvedere, Wien / Markus Guschelbauer (1); Wikimedia (1); ONB/Wien Bildarchiv 94884-E / Moriz Nähr (1)

 

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