Samiel ist immer unter uns

REST DER WELT / SCHLOSS TABOR / FREISCHÜTZ

11/08/15 Bereits zum 13. Mal spielt man im südburgenländischen Dreiländereck Österreich-Slowenien-Ungarn Oper. Brigitte Fassbaender inszenierte diesmal Webers „Freischütz“, das Sänger-Ehepaar Pitscheider-Kerschbaum war als Agathe und Max zu hören.

Von Wolfgang Stern

Auch die zweite Aufführung – man spielt bis einschließlich 16. August insgesamt sieben Mal – war ausverkauft und konnte bei hochsommerlichen Temperaturen über die Bühne gehen. Es ist ja wirklich ein schöner romantischer Platz, die Lage des Schlosses Tabor in Neuhaus am Klausenbach und der dazugehörige halb offene Hof, in dem vom Südburgenland eine beachtenswerte Aktivität in Sachen Oper ausgeht. Intendant Dietmar Kerschbaum gelang es, Nah und Fern auf seine Produktionen aufmerksam zu machen. Immer mehr Busunternehmen planen diesen Event in ihr Jahresprogramm ein. Die Openair-Fans ziehen so vom Nordburgenland in den Süden, aber auch von West nach Südost. Rund 800 Besucher haben auf der im Hof aufgebauten Tribüne Platz und erfahren dank der Nähe zu den Agierenden, dass man die Texte sehr gut verstehen und sich Verstärkung in Grenzen halten kann.

Brigitte Fassbaender (von 1999 bis 2012 erfolgreiche Intendantin des Tiroler Landestheaters) beehrt nun nach Mörbisch (2012, Zigeunerbaron) auch den Süden des östlichsten Bundeslandes und realisiert hier einen „Freischütz“, in dem das Böse omnipräsent ist. So ist Samiel, der Bösewicht, mit seinem Gefolge nahezu immer, von den Klängen der Ouvertüre bis zum Schlusschor, irgendwo unterwegs. Soll zeigen: das Böse umgibt uns im leben immer. Mit Gerhard Kasal ist diese Rolle hervorragend besetzt – ein gelenkiger Teufel mit scharfer, furchterregender Stimme, mit immer wieder zur Handlung passenden Zurufen. Sein dunkles Gefolge ist optimal von Florian Hurler choregraphiert und trägt entscheidend zur Lebendigkeit bei. Bühnenmäßig begnügt man sich mit dem dem halboffenen Arkadenhof, einem Baum, der auch innen begehbar ist, sowie einigen kleinen Requisiten, die Zimmer oder Wolfsschlucht andeuten, wobei man Lichteffekte und Nebel mit einbaut (Franz Cserni). Das Schloss ist idealer Ort für die Umsetzung einer solchen romantischen Oper.

Sängerisch überzeugt vor allem Derrick Ballard als Kaspar mit einer profunden Stimme und großartiger Wortdeutlichkeit. Eine Entdeckung ist sicherlich Vincenzo Neri (Jahrgang 1992) als Ottokar. Der Dresdner Kammersänger Rolf Haunstein bringt sich als Erbförster Kuno ein. Dietmar Kerschbaum ist ein leidender Max. Simona Eisinger (Ännchen) und Renate Pitscheider (Agathe) haben vor allem im Duett starke Momente. Gut besetzt auch Kilian (Matthias Wölbitsch) und der Eremit (Marc Kugel).

Der Philharmonia Chor Wien bemüht sich in relativ kleiner Besetzung um Ausgewogenheit, im Kinder- und Jugendchor bemerkte man gute musikpädagogische Ansätze, die weiterentwickelt werden sollten. Seit Jahren musiziert auf Schloss Tabor die Junge Philharmonie Brandenburg, ein Orchesterprojekt. Man erkennt man nach wie vor die Grenzen der Jugendlichen in Ausbildung. Doch gezielt geförderte Orchesterpraxis steht hier im Vordergrund und sollte so manche Unsauberkeiten oder Unsicherheiten (bei den Streichern und im Blech) entschuldigen. Höchstes Niveau der Aufführung, das angestrebt und auch artikuliert wird, ist noch ein Wunschdenken. Diesmal standen die Jugendlichen unter der Führung von Georg Fritzsch, GMD in Kiel.

Weitere Aufführungen am 12., 14., 15 und 16. August. Im nächsten Sommer kommt „Die Fledermaus“. Rund um Schloss Tabor genießt man eine exquisite südburgenländische Küche in Kombination mit dem regionalen Aushängeschild, dem Uhudler – www.jopera.at
Bilder: jopera / Jean van Lülik