Die Klagemauer setzt sich in Bewegung

HINTERGRUND / FESTSPIELE

11/12/23 Nötigung, gefährliche Bedrohung und Betrug durch Täuschung führt die eine Seite ins Treffen, mit einer Klage auf üble Nachrede und Kreditschädigung droht die andere. Der Sänger Wolfgang Ablinger-Sperrhacke und die Salzburger Festspiele fahren schwere Geschütze gegeneinander auf.

Von Reinhard Kriechbaum

Der Vorwurf hängt schon lange in der Luft: Ein Sänger – der Co-Vorsitzender des Berufsverbands art but fair united – wäre im Corona-Jahr 2200 als Chor-Verstärkung für die Strauss-Oper Elektra engagiert gewesen, hat dann aber eine Absage bekommen. Die Festspiele fanden mit dem Staatsopernchor das Auslangen. Sie argumentieren damit, dass damals grundsätzlich keine szenischen Produktionen mit großer Chorbesetzung zulässig gewesen seien. Da läuft bereits eine zivilrechtliche Klage.

Nun hat Wolfgang Ablinger-Sperrhacke, Vorsitzender des Berufsverbands art but fair united – auch eine Strafanzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft eingebracht. Es geht um ausgeladene (und deshalb unbezahlte) Choristen. Auch hätten die schließlich engagierten Choristen im Festspielsommer mit stark reduziertem Programm schließlich weniger Gage bekommen als ursprünglich vereinbart worden sei.

Dem kontern die Festspiele mit dem Hinweis darauf, dass die Änderungen des Vertrags mit dem Staatsopernchor 2020 „im guten gegenseitigen Einvernehmen“ vorgenommen worden seien und den Umständen des Corona-Sommers 2020 geschuldet worden seien. „Zu keinem Zeitpunkt wurde dazu Druck oder Zwang auf die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor ausgeübt“, heißt es in einer Erklärung der Festspiele dazu.

Wolfgang Ablinger-Sperrhacke argwöhnt, dass sich die Festspiele damals immerhin 1,5 Millionen Euro erspart hätten. Die Festspiele erinnern ihrerseits daran, dass damals pro Vorstellung aufgrund der behördlich verordneten Kapazitätsbeschränkung maximal eintausend Besucher und Besucherinnen pro Vorstellung zugelassen waren und sprechen von „unhaltbaren Vorwürfen“. Zahlungsverpflichtungen aus Engagements gegenüber Künstlerinnen und Künstlern im Sommer 2020 seien von den Festspielen „selbstverständlich erfüllt“ worden.   

Der Verein art but fair united, mit dem der Sänger Wolfgang Ablinger-Sperrhacke nun gegen die Festspiele vorgeht, ist der Berufsverband der kurzfristig Beschäftigten und Neuen Selbständigen in der Darstellenden Kunst und Musik in Österreich. Ähnliche, kooperierende Einrichtuingen gibt es auch in Deutschland und der Schweiz. „Die art but fair-Bewegung ist aus einer von Johannes Maria Schatz am 19. Februar 2013 gegründeten Künstler-Klagemauer auf Facebook hervorgegangen und setzt sich für faire Arbeitsbedingungen sowie angemessene Gagen in den Darstellenden Künsten und der Musik ein“, heißt es auf der Homepage des deutschen Vereins. Man habe 2013 durch die österreichische Mezzosopranistin Elisabeth Kulman Auftrieb erhalten. Schon da standen die Festspiele im Kreuzfeuer, damals unter der Leitung von Alexander Pereira. Unter anderem kritisierte Kulman damals die ersatzlose Streichung der Probengelder bei mehrwöchigen Opernproduktionen.

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